nd-aktuell.de / 22.02.2024 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 1

Lieferdrohnenlinienverkehr in Lüdenscheid

Zahlreiche Unternehmen haben ambitionierte Pläne für Lieferdrohnen

Sebastian Weiermann

Lüdenscheid im nordrhein-westfälischen Sauerland ist bekannt für seine besondere Verkehrssituation. Züge fahren in die Stadt seit dem Hochwasser im Juli 2021 nicht mehr. Die erst gesperrte und dann gesprengte Rahmedetalbrücke der Autobahn 45 ist ein Politikum[1], das im Düsseldorfer Landtag einen Untersuchungsausschuss beschäftigt und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) zu mehreren Besuchen in der Stadt veranlasste. Im Allgemeinen geht es also nicht unbedingt um gute Nachrichten, wenn es um Lüdenscheid und Verkehr geht.

Nun wird aus der Stadt allerdings eine »Transportrevolution in der Luft« vermeldet: der bundesweit erste kommerzielle Linienflugbetrieb von Lieferdrohnen. Die Revolution sieht[2] erst einmal gar nicht so spektakulär aus: eine Drohne, die etwas größer ist als diejenigen, die Hobbypilot*innen so fliegen, darunter hängt eine Kiste in der Größe eines Schuhkartons. Auch der Flug wirkt nicht so revolutionär. Es geht nur einen Kilometer weit, das dauert nur zwei Minuten. Für die Firma Koerschulte soll das nur der Anfang sein. Sie handelt mit allerlei Werkzeugen und Kleinteilen für Industriemaschinen. Kunden sind Betriebe aus der ganzen Stadt und darüber hinaus. Viele klagen über den Dauerstau in der Stadt.

Grundlagenforschung

Lukas Ostermann von der Fachhochschule Südwestfalen sagt im Gespräch mit »nd«, dass die Verkehrsprobleme in Lüdenscheid die Stadt für den Einsatz von Drohnen attraktiv machten, man könne den Stau damit einfach überfliegen. Unter Führung der Fachhochschule gab es bis Ende vergangenen Jahres das Projekt »Drone4Parcel5G[3]«. Dort habe man »Grundlagenforschung« betrieben, erklärt Ostermann. Auch die Firma Koerschulte und das Bielefelder Drohnen-Startup Third Element Aviation waren an dem Projekt beteiligt. Der Wissenschaftler findet es gut, wenn im Rahmen solcher Projekte auch Kleinunternehmer bei technischen Inovationen unterstützt werden. Der eigentliche Meilenstein am Mittwoch war die Erteilung der Lizenz zum vollautomatisierten Flugbetrieb durch das Luftfahrbundesamt.

Anwendungsgebiete

Die Drohne in Lüdenscheid muss nicht mehr von einer Person bedient werden. Von einem Leitstand aus soll es möglich sein, bis zu zwölf Drohnen gleichzeitig zu beobachten. Man hofft, den Drohnenverkehr in Zukunft ausbauen zu können. Testphasen, Projekte, Experimente – so etwas gibt es gerade überall. Im Odenwald etwa verspricht das Projekt »Liefermichel« den Transport von Lebensmitteln und anderen Gütern des täglichen Bedarfs per Drohne in zwei Dörfer. Im Gespräch nennt Drohnenforscher Lukas Ostermann den ländlichen Raum auch als ein mögliches Anwendungsgebiet. Für Arzneimittellieferungen sei es manchmal »ökonomisch und ökologisch« nicht vertretbar, einen Autokurier einzusetzen. Drohnenlieferungen seien da eine Alternative. Aus dem medizinischen Bereich kommt auch ein schon erfolgreiches Anwendungsbeispiel für Drohnen. Krankenhäuser schicken dringende Proben so zur Pathologie. Bis die Brötchen am Sonntag per Drohne geliefert werden, dauert es aber wohl noch einige Zeit. Gerade im städtischen Gebiet gibt es zahlreiche Infrastrukturfragen[4] zu klären.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1170956.desaster-a-bruecke-wuest-bleibt-antworten-schuldig.html
  2. https://www.come-on.de/luedenscheid/erste-drohnen-fluglinie-deutschlands-in-luedenscheid-gestartet-92845750.html
  3. https://www.fh-swf.de/de/forschung___transfer_4/forschungsprojekte_1/forschungsprojekt_10.php
  4. https://www.dvz.de/politik/detail/news/drohnen-brauchen-mehr-platz-als-gedacht.html