nd-aktuell.de / 21.03.2024 / Berlin / Seite 1

Gegen Vonovia: »Manche nennen es Heizkostenstreik«

Der Mieteraktivist Knut Unger darüber, wie man sich gegen Wohnungskonzerne wehren kann

Interview: David Rojas Kienzle

Berliner Vonovia-Mieter haben mit horrenden Heizkostennachzahlungen zu kämpfen. Wie können sie sich dagegen wehren?

Der erste Schritt ist, sich mit den Nachbar*innen zusammenzutun[1] und gemeinsam die Einsichtnahme in sämtliche Belege der Heizkostenabrechnung zu verlangen. Dazu gehören die originalen Rechnungen und Verträge, die Zahlungsnachweise und auch die Nachweise der korrekten Verteilung der Gesamtkosten auf die einzelnen Mieter*innen. Solange die Vonovia diese Einsichtnahme nicht vollständig gewährt, können die Mieter*innen ihre Zurückbehaltungsrechte ausüben. Manche nennen das Miet- oder Heizkostenstreik. Eigentlich ist es nur die gemeinschaftliche Wahrnehmung selbstverständlicher Mieterrechte.[2]

Aber ist das nicht auch ein Risiko?

Der eigentliche Streit geht darum, welche Belege verlangt werden können. Zu den besonders hohen Nachforderungen in Berlin[3] ist es bei gewerblicher Wärmelieferung gekommen. Da bezieht der Vermieter die Wärme von einem externen Dienstleister, der ihm darüber und nicht über die Gaskosten eine Rechnung schickt. Angeblich gibt die Vonovia diese Rechnungen nur weiter. Wer den dazugehörigen Wärmelieferungsvertrag einsieht, wird feststellen: Der Wärmepreis ergibt sich aus Preisanpassungsklauseln, die an einen Index an der Gaspreisbörse gekoppelt sind. Dieser Index ist im Krisenjahr 2022 um ein Vielfaches stärker gestiegen als die üblichen Gaspreise. Sollten die Klauseln die tatsächliche Kostenentwicklung der Versorger nicht einmal annähernd richtig wiedergeben, sind sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unwirksam. Wenn die Vonovia die Kosten wider besseres Wissen einfach weiterleitet, ist das illegal.

Wieso steigen denn die Heizkosten gerade bei Vonovia so enorm?

Dieses Problem beschränkt sich keineswegs auf die Vonovia. Aber gerade sie, beziehungsweise die Deutsche Wohnen, hat in einer Reihe von Wohnsiedlungen ihre Heizungen – und damit ihre Kosten – an Wärmedienstleister ausgelagert. Die Vonovia ist außerdem zu 49 Prozent an dem Wärmeversorger G+D beteiligt. Sie verdient mit an den überzogenen Rechnungen.

Welche Schwierigkeiten haben Mieter von Vonovia noch?

Die Vonovia steht unter Druck, Schulden zu reduzieren und Dividenden zu zahlen. Das Geld dafür kann sie nur von den Mieter*innen holen. Deshalb werden unablässig die Mieten erhöht und gleichzeitig werden die Instandhaltungsausgaben und Verwaltungskosten gesenkt. Die Mieter*innen zahlen immer mehr für immer weniger Leistung.

Vonovia ist ja nicht das einzige Wohnungsunternehmen, das so agiert. Wie können Mieter dagegen vorgehen?

Wir treffen uns am Freitag und Samstag in Berlin zur Konferenz Vonovia & Co VERstehen & WIDERstehen[4]. Es geht vor allem darum, Konzernkritiker*innen, vor allem aber kollektiv vorgehende Interessengemeinschaften, seien es konsequente Mietervereine, kämpferische Kiezgruppen oder Mietergewerkschaften, zusammenzubringen. Die Frage ist: Wie können wir zusammenarbeiten, um eine schlagkräftige Organisierung zur Verteidigung der Mieterinteressen zu bilden?

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1138098.mietenwahnsinn-entschlossen-zu-kaempfen.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1085623.vermieter-muessen-mietern-steuervorteile-ermoeglichen.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1179205.wohnungskonzerne-euro-heizkosten-salamitaktik-der-vonovia.html
  4. https://www.rosalux.de/veranstaltung/es_detail/YZ91I/vonovia-se---verstehen-und-widerstehen?cHash=17bcd656ca47e0c74cbc5ab1c166b28b