Der Druck auf Erdogan wächst

Demonstranten fordern türkischen Angriff auf PKK-Stellungen in Irak

  • Jan Keetman, Istanbul
  • Lesedauer: 2 Min.
Trotz der schweren Kämpfe mit den PKK-Separatisten am Sonntag und landesweiter Demonstrationen für einen sofortigen Gegenschlag hat die türkische Regierung dem Wunsch nach einem sofortigen Angriff auf PKK-Stellungen in Irak widerstanden.

US-Außenministerin Condoleezza Rice hatte den türkischen Premier Tayyip Erdogan angerufen und darum gebeten, den USA »ein paar Tage« Zeit zu geben – offenbar um etwas gegen die PKK zu unternehmen. Indessen warnen auch türkische Sicherheitsexperten vor einer übereilten Operation. So erinnerte der ehemalige Botschafter der Türkei in Bagdad, Sönmez Köksal, an frühere Versuche, die PKK in Nordirak auszuheben. Die Türken hätten die Berge bombardiert, und 20 Meter unter der Erde hätte die PKK in ihren gut ausgebauten Verstecken musiziert.

Trotzdem wird der Druck, etwas zu unternehmen, immer größer. Am Sonntag fanden in mindestens 13 Städten Demonstrationen für einen Einmarsch in Irak statt, und an vielen Orten wurden Büros der prokurdischen Partei für eine demokratische Gesellschaft (DTP) angegriffen. An Istanbuls zentralem Taksim-Platz forderte die Menge einen Einmarsch in Irak und eine Entfernung der DTP-Abgeordneten aus dem Parlament.

Man kann sich aber durchaus fragen, ob die PKK mit ihrem Angriff in der Provinz Hakkari, nur wenige Tage nach der vom türkischen Parlament beschlossenen Ermächtigung für einen Einmarsch in Irak, die Türkei nicht gerade zu einer übereilten Militäraktion provozieren wollte. In der Nacht zum Sonntag waren zwischen 100 und 200 PKKler offenbar von Irak aus in die Türkei eingedrungen und hatten türkische Soldaten auf zwei befestigten Hügeln mit schweren Waffen angegriffen. Eine dritte Gruppe sprengte eine Brücke, um die rund 120 angegriffenen Soldaten von rascher Verstärkung abzuschneiden. Bei dem Angriff kurz nach Mitternacht starben 12 Soldaten und 16 wurden verletzt. Die türkische Armee setzte daraufhin Hubschrauber, Flugzeuge und Artillerie ein und versuchte, den PKKlern den Rückweg über die nur fünf Kilomeer entfernte Grenze zu verlegen. 32 PKKler sollen gefallen sein.

In der Türkei ist man aber nicht nur über die PKK erzürnt, sondern auch über die Führer der nordirakischen Kurden. Der Präsident der kurdischen Regionalregierung, Massud Barsani, weigerte sich bei einer Pressekonferenz nach den Kämpfen, die PKK als terroristische Organisation zu bezeichnen. Erst müsse die Türkei eine vernünftige politische Lösung anbieten, meinte er.

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