Im Norden lag das »Feuerland«

Ausstellung im Ephraim-Palais zeigt ein Kapitel Industriegeschichte

  • Andreas Heinz
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wat is en Dampfmaschin? Da stelle mer uns janz dumm, und da sage mer so: En Dampfmaschin, dat is ene jroße schwarze Raum. Der hat hinten un vorn e Loch. Dat eine Loch, dat is de Feuerung. Und dat andere Loch, dat krieje mer später.« Diese Sätze von Lehrer Bommel sind ebenso Kult wie der gesamte Film »Die Feuerzangenbowle«. Ein großes Stück solch einer »Dampfmaschin« ist ins Museum Ephraim-Palais in Mitte geschafft worden: das Schwungrad mit 1,65 Meter Durchmesser und über einer Tonne Gewicht.

Das Eisenrad ist zugleich das schwerste Objekt der Sonderausstellung »Eiserne Zeiten – Ein Kapitel Berliner Industriegeschichte«, die am Sonnabend eröffnet wurde. Fast 1000 Stücke wurden zusammengetragen – eine Kooperation mit dem Städtischen Museum Gliwice (Gleiwitz) in Polen und dem Rheinischen Eisenkunstguss-Museum im rheinland-pfälzischen Bendorf-Sayn bei Koblenz. Diese Museen an den ehemaligen Standorten der Königlich-Preußischen Eisengießereien kümmern sich um deren Erbe, den preußischen Eisenkunstguss.

Die Dampfmaschine wurde in der 1844 gegründeten Maschinenanstalt und Eisengießerei Carl Hoppe in Berlin hergestellt und stand vermutlich bis in die 1880er Jahre in der Kunst- und Federfärberei A. Meilicke. Das größte Monument, das die Königliche Eisengießerei Berlin ausführte, war das »Volksdenkmal für die Befreiungskriege auf dem Tempelhofer Berg« – das Kreuzbergdenkmal. 1819 erging der Auftrag an die Hütte.

Weitere Schwerpunkte der Ausstellung: die Entstehung der ersten Maschinenbauanstalten sowie die Gewerbeförderung in Zusammenhang mit dem preußischen Beamten Christian Peter Wilhelm Beuth.

Auch die Entwicklung des Unternehmens von August Borsig und dessen Erfolge im Lokomotivbau werden dokumentiert. 1854 konnte die Auslieferung der 1000. Lok gefeiert werden.

Schnell hatte der Norden der Stadt den Namen »Feuerland« weg. Das Areal vor dem Oranienburger Tor wurde zwischen 1830 und 1860 zum bevorzugten Industriestandort, und die vielen Schlote ließen das Gebiet nachts rötlich erscheinen. 1861 hatten ein Drittel aller Berliner Maschinenbauanstalten hier ihren Sitz. In zeitgenössischen Schilderungen werden die Funktionsbauten als »Feuerstätten des Vulcans« beschrieben.

Auch der Alltag war ohne Gusseisen nicht mehr denkbar. Öfen, Küchenherde und Haushaltsgegenstände gehörten dazu. 1823 wurde in Sayn das erste gusseiserne Rohrsystem für einen »geruchlosen Abtritt« hergestellt.

Auch Schmuck wurde aus Eisen gestaltet. Gießer, Kunsthandwerker und Museumsmitarbeiter haben den Versuch unternommen, dem Eisenschmuck aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nachzuspüren. Vier Künstlerinnen schufen Nachgüsse von Originalschmuck aus der Kunstgießerei Lauchhammer. Sie werden dem originalen »Fer de Berlin« (Berliner Eisen) gegenübergestellt.

Über 200 Gemälde, grafische Blätter, historische Fotografien illustrieren die Themen. Es gibt Einblicke in die Kunst des Gießens, Methoden zur Erhaltung von Eisengüssen werden erläutert. Auch die erst vor kurzem beendete Restaurierung der Dioskuren Castor und Pollux vom Dach des Alten Museums wurden in einem Film festgehalten.

Ausstellung »Eiserne Zeiten« bis 2. 3.08, Ephraim-Palais, Poststr. 16, Mitte; Öffnungszeiten: Di, Do – So 10 – 18 Uhr, Mi 12 – 20 Uhr; Eintritt 5 Euro, Mi freier Eintritt; www.stadtmuseum.de

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