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Zu geringe Kapazitäten in den brandenburgischen Frauenhäusern

Brandenburg bräuchte 574 Plätze in den Zufluchtsorten, hat aber nur 329

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Vor dem Hauseingang steht ein Polizeiauto auf der Straße und auf dem Gehweg steht eine Frau mit Verletzungen im Gesicht, die weint und schreit. Beamte führen einen Mann in Handschellen ab, der vor den erschüttert stehen gebliebenen Passanten noch frech grinst, als sei er stolz darauf, was er getan hat und welche Aufmerksamkeit er dafür bekommt.

Szenen wie diese spielen sich in Deutschland immer wieder ab. Es gebe in der Bundesrepublik täglich mehr als 700 Opfer häuslicher Gewalt und jeden zweiten Tag sterbe eine Frau durch die Hand ihres Partners, erinnert Brandenburgs Sozialministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) am Donnerstag im Landtag. 225 000 Opfer häuslicher Gewalt habe es im vergangenen Jahr gegeben – 6,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Das Parlament behandelt am Vormittag den Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und ihre Kinder sowie die Strategie zur Umsetzung der Istanbul-Konvention im Land Brandenburg. Diese behandelt ebenfalls den Schutz von Frauen. Die Abgeordneten billigen den Bericht der Regierung dazu einstimmig, wobei sich die AfD-Fraktion der Stimme enthält.

Die AfD-Abgeordnete Birgit Bessin tut das bei ihr Vorhersehbare, spricht von »importierter Gewalt«, die auf dem Vormarsch sei, von »Horden« von Vergewaltigern und Frauenverächtern, die ins Land gelassen würden. Auf diese Tiraden geht nach ihr die Abgeordnete Elske Hildebrandt (SPD) bewusst nicht näher ein, weil sie ihre Redezeit vernünftiger nutzen möchte. Da sie nicht alles aufzählen kann, was schon besser geworden ist und was noch besser werden muss, konzentriert sich Hidebrandt jeweils auf ein Beispiel. Frauen mussten früher in Brandenburg für ihren Unterschlupf im Frauenhaus je nach Landkreis einen Eigenanteil von sechs bis 13 Euro pro Tag bezahlen und für jedes ihrer Kinder bis zu neun Euro. Dies sei inzwischen für die meisten Frauenhäuser abgeschafft. 600 000 Euro habe die rot-schwarz-grüne Koalition in den Landeshaushalt eingestellt, um dies zu kompensieren. Wenn sie vor ihrem gewalttätigen Partner ins Frauenhaus fliehen müssen, hätten die Frauen genug andere Sorgen. Es bedeute auch für die Verwaltung der Frauenhäuser weniger Bürokratie und weniger Unannehmlichkeiten, wenn Frauen die geforderte Summe nicht entrichten können. »Auch viele Buchhalter atmen auf«, sagt Hildebrandt. Vorankommen müsse man noch beim Hochrisiko-Management, meint sie. Dabei geht es darum, schwere Gewaltstraftaten zu verhindern, wenn sich Frauen trennen, ihre Partner schon Drohungen ausstoßen oder der Polizei bereits einschlägig bekannt sind.

»Wir brauchen ein Frauenhaus-Finanzierungsgesetz«, fordert die Abgeordnete Bettina Fortunato (Linke). Es gehe darum, die Kapazitäten auszubauen, sagt sie. Von 286 auf 329 sei die Gesamtzahl der Plätze in den Frauenhäusern des Bundeslandes gestiegen, berichtet die Abgeordnete Sahra Damus (Grüne). Es müsste jedoch 574 Plätze geben, um der Empfehlung zu folgen, einen Platz je 100 000 Einwohner vorzuhalten. Das Land habe die Mittel für den Schutz der Frauen und Kinder um eine Million Euro aufgestockt, aber der Ausbau gehe nicht so voran, wie es wünschenswert wäre. Der Umzug des Frauenhauses in Neuruppin werde vorerst nicht klappen und auch nicht der Neubau in Potsdam-Mittelmark, dem letzten Landkreis ohne eigenes Frauenhaus.

Jeder Akt der Gewalt und jeder Mord an einer Frau sei einer zu viel und da falle es ihr schwer, die Erfolge der Koalition aufzuzählen, gesteht Damus. Sie tut es dann aber doch: Die Möglichkeit der vertraulichen Spurensicherung bei Vergewaltigungen sei von vier auf zwölf Krankenhäuser ausgedehnt und zwei Koordinierungsstellen seien eingerichtet worden.

Es habe lange gedauert, fünf Jahre länger als in Österreich, bevor Deutschland die Instanbul-Konvention ratifiziert hatte, erinnert der Abgeordnete Péter Vida (Freie Wähler). Brandenburg habe immerhin schon seit 2001 einen Aktionsplan gehabt, der 2021 an die Istanbul-Konvention angepasst worden sei. Er hoffe, sagt Vida, dass es nicht nur beschriebenes Papier sei und die Gewalt wenigstens abgeschwächt werden könne. Dass es gar keine häusliche Gewalt mehr gebe, bleibe wohl leider ein Wunsch.

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