Seit Wochen werden rätselhafte Drohnen über Industrieanlagen und militärischen Einrichtungen in Deutschland beobachtet. Am Freitag berichteten »Spiegel« und WDR – womöglich nach einem Briefing durch Behörden – zeitgleich dazu. Bereits im August tauchten demnach Drohnen über dem ChemCoast Park in Brunsbüttel, einem LNG-Terminal und einem abgeschalteten Atomkraftwerk auf. Sie sollen sich teilweise mit Geschwindigkeiten von über 100 Kilometern pro Stunde bewegt und militärischen Modellen geähnelt haben: Bei einigen habe es sich um sogenannte Starrflügler gehandelt, die anders als handelsübliche Quadrokopter über größere Reichweiten verfügen.
Ende November überflogen Drohnen in Ludwigshafen mehrfach das Gelände der BASF. Anfang Dezember wurden Drohnen über dem Hauptquartier der US-Luftwaffe in Europa in Ramstein gesichtet. Das LKA Rheinland-Pfalz hat dazu eine Arbeitsgruppe eingerichtet – allerdings bisher ohne Ergebnisse.
In Brunsbüttel leitete die Staatsanwaltschaft Flensburg Ermittlungen wegen Verdachts auf »Agententätigkeit zu Sabotagezwecken« ein. Ihre Theorie: manche Drohnen könnten von einer russischen Spionageeinheit von Schiffen in der Nord- oder Ostsee gestartet worden sein. Trotz Unterstützung durch Bundeskriminalamt und Bundespolizei gibt es dafür aber keinen Beleg. In zwei Fällen stellte die Polizei Itzehoe dem WDR zufolge »private Nutzer von Drohnentechnik« fest; ein Verdacht von Spionage wird aber ausgeschlossen.
Die Innenministerkonferenz hat das Thema vergangene Woche besprochen, allerdings konnten sich die Länder auf kein gemeinsames Vorgehen einigen. Ein Problem sind die Zuständigkeiten: Während die Bundeswehr Drohnenabwehr nur für militärische Einrichtungen leisten darf, liegt der Schutz ziviler Anlagen wie Industrieparks in der Verantwortung der Polizei.
Seit Beginn des Ukraine-Krieges haben Drohnensichtungen auch über Bundeswehrstandorten mit 446 Fällen im Jahr 2023 stark zugenommen. Sicherheitsbehörden argwöhnen, dass Russland die Ausbildung ukrainischer Soldaten in Deutschland ausspionieren könnte. Auch über Anlagen des Rüstungskonzerns Rheinmetall, der maßgeblich an der militärischen Unterstützung der Ukraine beteiligt ist, wurden Drohnenflüge festgestellt.
Dutzendfach und teils im Schwarm fliegende »unidentifizierte Luftphänomene« sorgen auch in den USA für Aufregung. Im Bundesstaat New Jersey ermittelt dazu nun das FBI. Allerdings gab es viele Fehlalarme: In einigen gesicherten Fällen handelte es sich um Flugzeuge, Satelliten oder Himmelskörper.
Am Freitag forderte der zukünftige US-Präsident Donald Trump mehr Transparenz durch die Regierung und den Abschuss der Drohnen. In sozialen Medien in Deutschland kursierende Behauptungen, die Regierung in Washington habe auf deren außerirdische Herkunft verwiesen, sind erfunden. Auch die vom republikanischen Senator Jon Bramnick verbreitete These, ein iranisches »Mutterschiff« im Atlantik stecke hinter den Flügen über New Jersey, ist nicht belegt.
Die deutschen und amerikanischen Behörden stehen laut Medienberichten in engem Austausch zu den Phänomenen. Auch in Großbritannien wurden Drohnen über US-Stützpunkten gesichtet. Das Verteidigungsministerium in London unterstützt die amerikanischen Ermittlungen ebenfalls und betont, die Bedrohungen ernst zu nehmen.