In seinem traditionellen Neujahrs-Pressegespräch am Donnerstag kündigte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) an, er wolle »nicht so
weitermachen wie bisher«. Als er ins Detail ging, wurde rasch klar, dass dies nicht allzu wörtlich zu nehmen ist.
Woidke kostete noch einmal seinen knappen Sieg bei der Landtagswahl am 22. September aus. Als er den Triumph über die damals in den Umfragen weit vorn liegende AfD vor einem Jahr angekündigt habe, »haben einige von Ihnen sympathisch gelächelt«, sagte Woidke den versammelten Journalisten der Landespressekonferenz. Schließlich bekam die SPD 30,9 Prozent der Stimmen und die AfD 29,2 Prozent – um den Preis, dass Grüne, Linke und Freie Wähler an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten[1] und im Parlament nicht mehr vertreten sind.
Im Dezember bildete die SPD eine Koalition mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Beide Parteien haben im Landtag zusammen nur eine Mehrheit von zwei Stimmen. Erst im zweiten Wahlgang[2] wurde Woidke einmal mehr zum Ministerpräsidenten gewählt. Dennoch gab er sich am Donnerstag zuversichtlich, dass »ein Stück weit Stabilität« das Markenzeichen der neuen Landesregierung sein werde. Er lobte die Ministerriege als »junges Team« und sagte: »Wichtig ist die Teamarbeit.« Wesentlich sei, dass beide Koalitionspartner
für eine verbesserte Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr[3] seien. »So steht es im Koalitionsvertrag.«
Unbeirrt will Woidke die Energiewende vorantreiben, musste aber einräumen, dass Verbraucher in Brandenburg hohe Preise dafür bezahlen, dass hier relativ so viel mehr Windräder stehen als in den meisten anderen Bundesländern. Der verlangte Strompreis in Brandenburg ist aufgrund der Netzenetgelte für die verteilenden Stromtrassen der höchste in ganz Europa. Nicht zum ersten Mal sprach Woidke davon, dass die Kilowattstunde in Wahrheit nur acht bis neun Cent kosten müsste. Aber dieser Vorteil der an sich billigen Windenergie müsste bei den Menschen auch ankommen. Deutschland dürfe nicht noch stärker abhängig werden Atomenergie aus Frankreich und Kohlestrom aus Polen.
»Die wichtigen Fachkräfte von morgen sitzen heute in den brandenburgischen Schulen«, verkündete Woidke. Er äußerte aber an anderer Stelle auch, die Wirtschaft sei oft unzufrieden mit den Leistungen der Schulabgänger. »Wir müssen im Bildungsbereich besser werden«, gestand der Ministerpräsident. Es gelte, Lehrkräfte zu entlasten, Mathematiklehrer zum Beispiel von einer »unglaublich komplizierten« Vorbereitung des Unterrichts. Die SPD hat sich mit dem BSW verständigt, dass verbindliche Lehrpläne eingeführt werden sollen. Bislang existieren nur Rahmenlehrpläne mit groben Vorgaben.
Woidke sagte den Journalisten außerdem, dass »guter Journalismus teuer, aber für die Demokratie unbezahlbar« sei. Ohne dies werde es für Menschen schwierig, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden und »die richtige Wahlentscheidung« zu treffen. Brandenburg sei in einer Situation, »die ich mir früher nicht hätte vorstellen können«, bekannte der Regierungschef.
Fast 43 Prozent der Brandenburger Wähler haben sich von den etablierten Parteien abgewendet und für AfD oder BSW gestimmt. Er wolle die BSW-Wähler »nicht als grundsätzliche Nein-Sager« ansehen, sagte Woidke allerdings. Der verbreiteten Skepsis gegenüber der herkömmlichen Politik und gegenüber den traditionellen Parteien setzte er entgegen, man müsse sich wieder an politischen Streit und die Tatsache gewöhnen, dass nicht alle die gleiche Meinung haben. »Nicht jeder, der etwas anderes sagt, ist gleich ein Böser.«
Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk machte Woidke keine Hoffnung auf höhere Rundfunkbeiträge. Die Ministerpräsidenten würden nicht mehr kritiklos jeder Erhöhung zustimmen, solange die notwendigen Reformen bei den ARD-Sendern und beim ZDF nicht eingeleitet seien und diese nicht beweisen, »dass sie verantwortungsbewusst mit dem Geld der Menschen umgehen«. Wenn beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) inzwischen 82 Prozent der Rückstellungen in Renten und Pensionen fließen, dann zeige das die Notwendigkeit, umzusteuern.
Er sei in seinem Leben viermal mit Tesla-Boss Elon Musk zusammengetroffen[4], klärte Dietmar Woidke auf. Das war im Zusammenhang mit dem Bau der Tesla-Autofabrik in Grünheide. »Ein weiteres Treffen ist nicht geplant«, sagte Woidke. Von einem Einfluss des Milliardärs auf die Bundestagswahl geht er nicht aus. Regierungssprecher Florian Engels ergänzte, die Staatskanzlei nutze nicht aktiv die Internetplattform Twitter. Elon Musk hatte diese aufgekauft und in X umbenannt. Am Donnerstag wollte Musk mit AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel sprechen und das live auf X übertragen.