Mischas Feind

Irakli Okruaschwili verfolgt die Vorgänge in Georgien aus München

  • Detlef D. Pries
  • Lesedauer: 2 Min.

Irakli Okruaschwili bedauert sehr, dass er nicht unter den Protestierenden in Tbilissi ist, die am Mittwoch mit Polizeigewalt auseinandergejagt wurden. Nie hätte er Georgien aus freiem Willen verlassen, versicherte er – aus München.

Der 34-jährige Jurist war einst der engste Vertraute Michail Saakaschwilis, gegen dessen autoritäre Präsidentschaft tausende Georgier seit Tagen protestieren. Als Saakaschwili – noch unter Präsident Eduard Schewardnadse – im Jahr 2000 Justizminister wurde, war Okruaschwili sein Vize. Gemeinsam traten sie ein Jahr später zurück, weil sie sich im Kampf gegen die Korruption gebremst fühlten. In eben diesen Kampf stürzte sich Okruaschwili nach der »Rosenrevolution« im November 2003. Unter dem neuen Präsidenten Saakaschwili zunächst Generalstaatsanwalt, übernahm er im Juni 2004 das Innenministerium und entließ 15 000 Polizeibeamte, die sich ihre kargen Bezüge durch Bestechungsgelder aufbessern lassen hatten. Ab Ende 2004 Verteidigungsminister, betrieb er mit Eifer den Armeeaufbau nach NATO-Vorbild – finanziert auch durch Gelder, die Korruptionsbeschuldigte gezahlt hatten, um der Strafverfolgung zu entgehen.

Im Mai 2006 verkündete Okruaschwili, er werde Neujahr 2007 entweder in seiner Heimatstadt Zchinwali – Hauptstadt des abtrünnigen Südossetien – feiern oder als Verteidigungsminister zurücktreten. Vorher aber, am 11. November 2006, versetzte ihn Saakaschwili ins Wirtschaftsressort. Offenbar waren beide über die Art und Weise der »Heimholung« Südossetiens uneins. Sechs Tage später kündigte Okruaschwili sein Regierungsamt.

Im September 2007 gründete er die »Bewegung für ein Vereintes Georgien« und beschuldigte den Präsidenten der Korruption und der Planung von Morden. Zwei Tage später wurde er verhaftet – auch er unter dem Vorwurf der Korruption, der Geldwäsche und des Machtmissbrauchs. Erst nachdem er seine Anschuldigungen gegen Saakaschwili widerrufen hatte, wurde er gegen Kaution auf freien Fuß und am 1. November in ein Flugzeug gen Westen gesetzt. Nun verkündet Okruaschwili, alle seine Vorwürfe gegen Saakaschwili seien wahr und sein sehnlichster Wunsch sei »Mischas« Sturz.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal