Duma billigt KSE-Moratorium

Erlass Putins mit überwältigender Mehrheit bestätigt

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit überwältigender Mehrheit bestätigte Russlands Duma gestern einen Erlass von Präsident Wladimir Putin, mit dem Moskau die Erfüllung des KSE-Abkommens aussetzt.

Das Moratorium für die Begrenzung konventioneller Streitkräfte in Europa tritt in der Nacht zum 13. Dezember in Kraft. Das Abkommen war im November 1990 von insgesamt 22 Regierungschefs aus NATO-Ländern und Mitgliedstaaten des Warschauer Vertrags unterzeichnet worden.

Damit sollte das Ungleichgewicht reduziert werden, das nach der deutschen Vereinigung und dem Abzug der Alliierten zu Gunsten Russlands zwischen Atlantik und Ural entstanden war. Für beide Blöcke waren Obergrenzen bei fünf Waffengattungen vorgesehen: bei Panzern, Panzerfahrzeugen, Artillerie mit Kalibern über 100 mm, Kampfflugzeugen und Angriffshubschraubern.

Wegen der Auflösung des Warschauer Vertrages wurde das Abkommen auf der OSZE-Tagung 1999 in Istanbul modifiziert. Die NATO-Staaten weigern sich jedoch, die Anpassungen zu ratifizieren. Putin hatte daher schon bei der Verkündung seiner Jahresbotschaft an das Parlament Ende April mit einem Ausstieg Moskaus aus den KSE-Abkommen gedroht, sollte der Westen den Vertrag nicht binnen sechs Monaten ratifizieren.

Dort begründet man die Weigerung mit der Nichterfüllung russischer Zusagen über den Abzug seiner Truppen aus Georgien und der Dnjestr-Republik. Formell gehört die mehrheitlich von Russen und Ukrainern besiedelte Region am linken Ufer des Dnjestr zu Moldova. Faktisch erklärte sie sich 1992 für unabhängig. Moskau, das die dort herrschenden Separatisten unterstützt, ist nach wie vor militärisch präsent und macht technische und logistische Probleme bei der Rückführung seiner umfangreichen Waffen- und Munitionsdepots für die Verzögerungen geltend.

Auch gehe es Russland, so erklärte Generalstabschef Juri Balujewski gestern vor der Duma, in erster Linie gar nicht um die Ratifizierung, sondern um die sogenannten Flankenbegrenzungen. Die würden Russland faktisch Beschränkungen bei der Stationierung seiner Truppen im eigenen Land auferlegen. Ähnlich hatte sich auch Putin bei Verhandlungen der Außen- und Verteidigungsminister Russlands und der USA Mitte Oktober in Moskau geäußert. Dort hatte Washington die Ratifizierung der KSE-Abkommen angeboten, im Gegenzug von Moskau aber den Abzug aus der Dnjestr-Republik und Georgien verlangt.

Hiesige Politiker witterten sofort Unheil. Zwar soll die Räumung der einstmals vier russischen Truppenbasen in der Kaukasusrepublik Anfang 2008 abgeschlossen werden. Im außenpolitischen Ausschuss der Duma fürchtet man indes, Washingtons Abzugsforderungen könnten sich auch auf jene Kontingente beziehen, die den fragilen Frieden im Konflikt Georgiens mit den abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien sichern.

Formell firmiert als Garantiemacht die UdSSR-Nachfolgegemeinschaft GUS, faktisch handelt es sich bei den Blauhelmen jedoch ausschließlich um russische Soldaten. Weil Moskau die Separatisten unterstützt, hatte Tbilissi schon mehrfach gefordert, die Russen durch internationale Kontingente zu ersetzen. Bisher drückte sich der Westen. Für mehr Druck dabei dürfte Georgien spätestens bei den NATO-Beitrittsverhandlungen sorgen. Mit deren Beginn rechnen Experten schon für den kommenden Mai. Kommentar Seite 8

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