Denkmal wird Stein des Anstoßes

AStA der Freien Universität kritisiert Gedenkpolitik des Uni-Präsidenten

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 2 Min.

Zu einer Diskussion über die Gedenkpolitik der Universitätsleitung hatte der Allgemeine Studentenausschuss der Freien Universität (AStA) am Dienstagabend unter dem Titel »Freiheit, die ich meine?« eingeladen. Der Stein des Anstoßes ist mehrere Tonnen schwer und steht seit September 2007 auf dem Gelände des Unicampus. Es handelt sich um eine Bronzeskulptur des Bildhauers Volker Bartsch: das Freiheitsdenkmal »Perspektiven«.

Ursprünglich sollte sie in Berlins Mitte aufgestellt werden. Doch nach Einsprüchen fand sie schließlich am Unigelände ihren Platz, wie der Berliner Kunstwissenschaftler Martin Schönfeld erläuterte. An der FU gab es darüber keine Diskussion. Die meisten Studierenden standen nach Semesterbeginn verwundert vor der Skulptur, kritisierte Ralf Hoffrogge vom AStA die Denkmalpolitik der FU.

Doch bei der Debatte geht es nicht nur um Kunst, wie sich schnell zeigte. »Die FU widmet das Kunstwerk jenen Erststudenten, die in der Gründungsphase der Universität wegen ihres Einsatzes für die akademische und politische Freiheit ermordet wurden«, heißt es in einer Presseerklärung des FU-Präsidenten, Dieter Lenzen. Konkret sollten zehn FU-Studierende geehrt werden, die in den 50er Jahren von sowjetischen Militärtribunalen zum Tode verurteilt und hingerichtet worden waren. Die Namen sind im Internet, nicht aber auf dem Denkmal zu finden. Damit werde die Skulptur ihrer Funktion eines Mahnmals nicht gerecht, kritisierte Hoffrogge.

Der Historiker Wolfgang Wippermann warnte davor, dass der militant antikommunistischen Organisation Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit (KGU) ein Denkmal gesetzt werden könnte. Diese Organisation habe nach einem Bericht des gewiss nicht DDR-freundlichen Nachrichtenmagazins »Der Spiegel« junge Idealisten für Sabotageaktionen auf dem Gebiet der DDR verheizt. Waren auch die Hingerichteten, von denen nach AStA-Angaben mindestens drei KGU-Kontakte hatten, Schachfiguren im Kalten Krieg? Wird die Instrumentalisierung durch die Ehrung ohne Diskussion und Namensnennung nicht fortgesetzt?

Diese Fragen stellte der Historiker Wippermann. Er betonte in einem Wortwechsel mit einem Bruder eines der Hingerichteten, dass er die individuelle Trauer respektiere. Ein öffentliches Gedenken aber müsse Teil einer kritischen Debatte sein. Dem stimmte der größte Teil der rund 90 Zuhörer zu. Der vom AStA eingeladene FU-Präsident Dieter Lenzen erschien nicht und schickte keine Vertretung. »Vielleicht sollten wir, statt neue Denkmäler aufzustellen, mehr demokratische Diskussionskultur üben«, meinte Hoffrogge unter Applaus.

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