Kameras ersetzen Bahnsteig-Aufsicht

S-Bahn-Ring mit neuem Informationssystem / Fahrer fertigen Züge selber ab

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Neueste Elektronik am Ring
Neueste Elektronik am Ring

BVG-Fahrgäste kennen die dynamischen Zugzielanzeiger bereits seit langem, jetzt erfahren auch die Reisenden auf dem S-Bahn-Ring genau, wann die nächste Bahn fährt. Was bei der BVG freundlich »Daisy« heißt, klingt bei der S-Bahn allerdings etwas komplizierter: BIS/ZAT, Betriebs- und Informationssystem/Zug-Abfertigung Triebfahrzeugführer. Denn zu dem neuen System gehört auch die Abfertigung der Züge durch den Fahrer. Die Bahnhofsaufsichten werden dazu künftig nicht mehr gebraucht.

Bereits seit Jahren experimentiert die S-Bahn mit dieser personalsparenden Methode. Auf dem Südring sind jetzt die Tests abgeschlossen. Noch in diesem Monat sollen auf dem Ring die Fahrer zunächst auf zwölf Kurven-Bahnhöfen ihren Zügen selbst das Abfahrtssignal geben. Während die BVG bei der U-Bahn dazu Spiegel einsetzt, die auf den Bahnhöfen stehen, ersetzt bei der S-Bahn Videotechnik die Abfertiger. Vier Kameras pro Bahnsteigkante erfassen die gesamte Zuglänge und übertragen die Bilder auf einen in vier Einzelbilder unterteilten Monitor im Führerstand. Der Fahrer hat so das Geschehen entlang der Bahnsteigkante im Blick und kann das Ein- und Aussteigen überwachen. Im kommenden Jahr soll das System auch auf den übrigen 15 Ringbahnhöfen und auf den Ost-West-Strecken eingeführt werden, 2009 auf den Nord-Süd-Linien. Fahrgäste auf den Außenstrecken werden allerdings auch künftig auf die elektronischen Anzeigen verzichten müssen.

»Mit der neuen Technik stehen den Fahrgästen mehr und genauere Informationen zur Verfügung«, lobte gestern Verkehrsstaatssekretärin Maria Krautzberger (SPD). Der für die Kunden weniger erfreuliche Nebeneffekt: Nur noch auf 21 der 165 S-Bahnhöfe wird es sogenannte Stammaufsichten geben, auf dem Ring beispielsweise noch auf den Bahnhöfen Südkreuz, Gesundbrunnen, Treptower Park, Greifswalder Straße und Bundesplatz. Von einstmals 900 Mitarbeitern in diesem Bereich werden nur etwa 250 übrig bleiben.

»Die Aufsicht soll für Serviceaufgaben frei werden«, sagt S-Bahn-Chef Tobias Heinemann. So können Fahrgäste vom personalfreien Bahnhof über ebenfalls neue Info-Ruf-Säulen Fahrplanauskünfte bei der ein paar Stationen entfernten Stammaufsicht einholen. Um das Schönheitsgefühl zu stärken, sollen mobile Servicemitarbeiter die Bahnhöfe abfahren, außerdem werde weiterhin in 69 Fahrkarten ausgaben und 9 Kundenzentren Personal vor Ort sein, tröstet die S-Bahn. Nach ihrer Ansicht dient das neue System sogar der Sicherheit: Die Bahnhöfe werden durch die Kameras überwacht, die Bilder können zur Strafverfolgung ausgewertet werden. Zu diesem Zweck werden sie 72 Stunden aufgezeichnet.

42 Millionen Euro lässt sich die Bahn BIS/ZAT kosten. Staatssekretärin Krautzberger hatte gestern nur noch einen Wunsch: Dass das neue System mit Daisy kompatibel würde und auf Umsteigebahnhöfen zu erfahren ist, wann die nächsten U- und S-Bahnen fahren.

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