Die US-amerikanische Wirtschaft schrumpfte von Januar bis März im Jahresvergleich um 0,3 Prozent, wie das Handelsministerium in einer ersten Schätzung mitteilte. Die Entwicklung ist einschneidend: Im Quartal zuvor war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) noch um 2,4 Prozent gewachsen. Grund für den Rückgang ist vorrangig der gegenwärtige Handelsstreit vor allem mit China.[1] Dieser dürfte, wie das Kiel-Institut für Weltwirtschaft erwartet, die Inflation um über fünf Prozent steigen, Exporte um fast 17 Prozent einbrechen lassen.
Seit der Amtseinführung Donald Trumps durchleben die Menschen in den Vereinigten Staaten turbulente Zeiten. Die neue Regierung in Washington entlässt Staatsbedienstete, attackiert Justiz und Wissenschaft und rüttelt in ihrer Handelspolitik an wirtschaftsliberalen Regeln und Institutionen, die einst von den USA selbst geprägt wurden. Mittlerweile belastet die erratische Politik, mit der Präsident Trump seit dem 20. Januar regiert, auch die Wirtschaft.
Zunächst hatte Trump die Finanzmärkte durchgerüttelt[2]. Seine Attacken gegen den Chef der Notenbank Fed wirkten auf Banken, Investoren und Unterstützer der Regierung in den Chefetagen der Big-Tech-Konzerne verstörend. Die im April angekündigten Zölle trafen die Technologiebranche hart, deren Börsenwerte einbrachen. Trump reagierte und setzte gerade erst eingeführte Handelsschranken für viele Staaten für 90 Tage aus. Die Börsen-Bilanz von Trump verbesserte sich seither.
Doch Verunsicherung bleibt. Der globale Vertrauensverlust, den Trump der US-Wirtschaft in seiner zweiten Amtszeit beschert, dämpft in Unternehmen, die in den USA Geschäfte machen, die Investitionen und Neueinstellungen. Die im Vergleich zu deutschen Verbrauchern sehr konsumfreudigen US-Bürger sparen beim Einkauf im Supermarkt und geben sich zurückhaltend bei der Aufnahme neuer Darlehen für ihr Eigenheim. Trends, die in den kommenden Monaten die US-Wirtschaft bremsen könnten.
Dennoch sehen Ökonomen bislang kein klares Indiz für einen dauerhaften Einbruch. Der linke Nobelpreisträger Paul Krugman schreibt zu den aktuellen BIP-Zahlen: »Es mag durchaus zu einer Trump-Rezession kommen, aber diese Daten geben keinen Aufschluss darüber, ob eine solche tatsächlich bevorsteht.«
»Es mag durchaus zu einer Trump-Rezession kommen, aber diese Daten geben keinen Aufschluss darüber, ob eine solche tatsächlich bevorsteht.«
Paul Krugman US-Ökonom
Das hängt auch damit zusammen, dass der Rückgang der Wirtschaftsleistung seine Ursache in einem Sondereffekt hat: der vom US-Statistikamt BEA gemeldete Anstieg der Importe, die bei der Berechnung des BIP abgezogen werden. Die nominelle Schrumpfung der Wirtschaft ist demnach vorrangig durch Hamsterkäufe bedingt. Von Privaten, die künftig steigende Preise für Importprodukte erwarten, und von Unternehmen, die rechtzeitig ihre Lagerhallen mit Handys aus China, Automotoren aus Mexiko und Pharmaprodukten aus Deutschland füllen, um weiterführenden Zollbeschränkungen zuvorzukommen.
Den meisten Ökonomen, die sich öffentlich äußern, erscheint Trumps Zollpolitik als irrational. Zumal die Folgen für die USA deutlich drastischer ausfallen dürften als etwa für China.
Davon will Trumps wirtschaftlicher Berater Stephen Miran nichts wissen und verweist auf anderslautende Studien. Ein großes Land mit einem Handelsbilanzdefizit wie die USA habe eine starke Nachfragemacht, meint er. Dies führe dazu, dass andere Länder mit Preissenkungen reagierten und so die wirtschaftliche Last der Zölle zu einem erheblichen Teil selbst trügen. Begünstigt werde diese Entwicklung, indem die USA zwei »öffentliche Güter« international bereitstellten: einen militärischen Schutzschirm und die weltweite Reserve- und Handelswährung namens Dollar[3].
Die Kosten für die EU und ihre Mitgliedsstaaten bleiben dagegen ebenfalls überschaubar. Sie wären auf Jahressicht wenig bis gar nicht negativ betroffen, so die Ökonomen aus Kiel. Das US-Zollregime gelte schließlich für alle Länder weltweit, die EU erführe keine speziellen Nachteile, wie auch aktuelle volkswirtschaftliche Daten zeigen: Von Januar bis März ist das BIP im Euroraum im Vergleich zum Vorjahresquartal um 1,2 Prozent gestiegen.
Noch am deutlichsten dürften sich negative Effekte für die deutsche Ökonomie zeigen, aufgrund ihrer besonders starken Abhängigkeit vom Auslandsgeschäft. Hier schrumpfte das BIP in den ersten drei Monaten um 0,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt anhand vorläufiger Daten errechnet hat.
Trotz der aktuell unterschiedlichen Zahlen gibt es indes eine schon länger zu konstatierende Gemeinsamkeit, die auch von der jüngsten Weltwirtschaftsprognose des Internationalen Währungsfonds belegt wird: Die Wachstumsraten der großen kapitalistischen Volkswirtschaften sinken.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1190974.handelsstreit-us-wirtschaft-auf-schrumpfkurs.html