Berlin. Der künftige Bundesinnenminister Alexander Dobrindt will einen Tag nach seinem geplanten Amtsantritt verstärkte Zurückweisungen von Migranten und vermehrte Kontrollen an den deutschen Außengrenzen anordnen. »Die ersten Entscheidungen werden nach Amtsantritt an diesem Mittwoch getroffen. Dazu werden die Grenzkontrollen hochgefahren und die Zurückweisungen gesteigert«, sagte der CSU-Politiker der »Bild am Sonntag«.
»Die Zahlen bei der illegalen Migration müssen runter. Damit Humanität und Ordnung gleichermaßen gelingt, braucht es Kontrolle, Klarheit und Konsequenz. Dazu bereiten wir nationale und europäische Entscheidungen vor«, sagte Dobrindt weiter. Grenzschließungen werde es aber nicht geben.
Am Dienstag soll CDU-Chef Friedrich Merz im Bundestag zum Bundeskanzler gewählt werden. Der künftige Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) hatte zuletzt erneut schärfere Grenzkontrollen ab dem ersten Tag der neuen Regierung angekündigt – wenn auch mit zeitlicher Begrenzung.
Beobachter erwarten, dass zumindest vorübergehend mehr Bundespolizisten an die Grenze geschickt werden – alles Weitere ist dagegen noch unklar. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) reagiert deshalb skeptisch auf die Ankündigungen. Er befürworte Maßnahmen zur Eindämmung der irregulären Migration, sagte Andreas Roßkopf, Vorsitzender des GdP-Bezirks Bundespolizei und Zoll. Eine deutliche Erhöhung der Zahl der Polizisten an der Grenze sei bei der aktuellen Personalstärke aber dauerhaft nicht durchzuhalten.
In der Ampel-Koalition gab es anfangs kaum Befürworter fester Grenzkontrollen, die im sogenannten Schengen-Raum eigentlich nicht vorgesehen sind. Dennoch hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nicht nur die 2015 begonnenen Kontrollen an der Landgrenze zu Österreich mehrfach verlängert. Sie hat solche temporären Kontrollen Mitte Oktober 2023 auch für die Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz angeordnet und bei der EU-Kommission notifiziert. Im vergangenen September entschied sie dann, dass es solche Kontrollen – die eine Voraussetzung für Zurückweisungen sind – auch an den restlichen Grenzabschnitten geben solle.
Im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und SPD vereinbart: »Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen.« Zwischen Union und SPD ungeklärt ist aber, ob »in Abstimmung« bedeutet, eine Zustimmung der Nachbarn einzuholen oder sie lediglich zu konsultieren.
Mit Blick auf das fehlende Einverständnis von Nachbarstaaten wie Polen oder Österreich fordert der GdP-Gewerkschafter Roßkopf wasserdichte Regelungen, wenn die Polizei kommende Woche tatsächlich zur verstärkten Migrationsabwehr gerufen wird. »Es darf ab Mittwoch kein Ping-Pong-Spiel mit den Nachbarländern geben«, warnte Roßkopf. Er fügte hinzu: »Wenn wir Asylbewerber zurückweisen sollen, dann muss es rechtssicher sein – und da fehlt mir bisher die Antwort.« Agenturen/nd