Mobiles Arbeiten ist aus dem Leben vieler Menschen nicht wegzudenken – und das ist gut so. Man spart sich nerviges Pendeln, kann von unterwegs arbeiten, wenn man einen Tapetenwechsel braucht. Viele berichten von besseren Konzentrationsmöglichkeiten (sofern keine Kinder oder Mitbewohner*innen stören), man kann die eigene Musik genießen und sich die Arbeitszeit flexibler einteilen[1].
Doch da fangen die Probleme an: fehlender kollegialer Austausch und wachsende Vereinsamung – ein Thema, das durch die Corona-Pandemie noch drängender wurde; die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verwischen weiter, sodass öfter abends oder am Wochenende gearbeitet[2] wird. Beschäftigte fühlen sich verpflichtet, immer verfügbar zu sein. Zweidrittel der Zu-Hause-Arbeitenden gibt sogar an, trotz Krankheit zu arbeiten[3]. Klar braucht es besseren Arbeitsschutz und Schulungen. Aber das Problem geht weit darüber hinaus.
Nach knapp drei Jahrhunderten der Zurichtung im Kapitalismus hat sich der Produktivitätsdruck tief in Körper und Psyche der Menschen eingeschrieben, ist ihnen zur zweiten Natur geworden. Allem Gejammer über faule Beschäftigte zum Trotz steht dem Kapital hoch motiviertes Personal zur Verfügung, das seinen Beruf zur Berufung verklärt. Ganz ohne externen Einpeitscher machen sich die neoliberalen Arbeitssubjekte selbst zum Peiniger.
Da zeigt sich – übrigens stilecht im Homeoffice geschrieben – ein Dilemma der Kapitalismuskritik: Die Frage, wie man gegen sich selbst aufbegehrt, hat noch niemand schlüssig beantworten können.