nd-aktuell.de / 06.05.2025 / Sport / Seite 1

Die Jugend macht Druck in der Handball-Nationalmannschaft

Mit einem jungen Kader will Bundestrainer Alfreð Gíslason die EM erreichen

Christoph Dach
Berlins Matthes Langhoff (r.) soll gegen die Schweiz und die Türkei mithelfen, die Qualifikation für die EM 2026 perfekt zu machen.
Berlins Matthes Langhoff (r.) soll gegen die Schweiz und die Türkei mithelfen, die Qualifikation für die EM 2026 perfekt zu machen.

Matthes Langhoff hätte sich garantiert über eine Verschnaufpause gefreut. Seit Monaten ist der 23-Jährige nun schon im Dauereinsatz und jagt von Termin zu Termin – mit großem Erfolg[1]: In der Handball-Bundesliga grüßen Langhoffs Füchse Berlin[2] sechs Spieltage vor Schluss von der Tabellenspitze, in der Champions League haben sie sich zum zweiten dMal in ihrer Vereinsgeschichte für das Finalturnier qualifiziert, das am zweiten Juni-Wochenende in Köln ausgetragen wird. Angesichts des unermüdlichen Programms wäre es also sicher nicht die schlechteste Idee gewesen, mal ein bisschen durchzuatmen.

Andererseits steht Langhoff noch am Anfang der Karriere, sein Körper regeneriert vergleichsweise schnell – und außerdem war es nicht irgendeine Einladung, die kürzlich beim gebürtigen Neubrandenburger eingegangen ist, sondern die von Bundestrainer Alfreð Gíslason. Der Isländer in Diensten des DHB hat neben Langhoff zwei weitere Debütanten für die anstehenden Länderspiele in der EM-Qualifikation gegen die Schweiz am Mittwoch (19 Uhr, Livestream auf sportschau.de) und die Türkei am Sonntag nominiert, die mit guten Leistungen im Verein auf sich aufmerksam gemacht haben und nun den Lohn dafür einheimsen dürfen. Neben Langhoff sind noch Rechtsaußen Mathis Häseler vom VfL Gummersbach sowie Kreisläufer Aron Seesing vom Zweitligisten Bergischer HC dabei. Gíslason setzt die Verjüngung des Nationalteams[3], die bereits seit einiger Zeit im Gange ist, konsequent fort.

Gegen die Schweiz geht es um den Gruppensieg

Die Rahmenbedingungen machen es dem 65-Jährigen dabei relativ leicht, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen: In der Qualifikationsgruppe 7 steht Deutschland vor den abschließenden zwei Begegnungen mit 7:1 Punkten an der Tabellenspitze zwei Punkte vor eben jener Schweizer Mannschaft, die bislang härtester Widersacher und am Mittwoch direkter Gegner ist. Verfrühten Optimismus will der arrivierte Coach aber nicht aufkommen lassen. Stattdessen verspricht Gíslason: »Wir werden alles daransetzen, beide Spiele zu gewinnen und uns den ersten Platz in der Qualifikation zu sichern.« Das sei nicht zuletzt mit Blick auf die Setzliste für die Auslosung der Europameisterschaft wichtig.

Ein Sieg gegen die Schweiz hätte zudem den Vorteil, dass Gíslason das letzte Qualifikationsspiel gegen die Türkei gewissermaßen als Test unter Wettkampfbedingungen[4] nutzen und taktische Varianten ausprobieren könnte, die bisher bestenfalls im Training einstudiert wurden. Der Isländer macht auch gar kein Geheimnis daraus, zu welchen Zwecken er den aktuellen Lehrgang mit seinen Auswahlspielern zu nutzen gedenkt: »Wir schauen auch auf die kommenden Turniere und haben deshalb auf mehreren Positionen Spieler mit Perspektive im Blick.« Zum Beispiel Matthes Langhoff von den Füchsen, die – genau wie die Rhein-Neckar Löwen und die TSV Hannover-Burgdorf – jeweils drei Akteure und damit den größten Block des 19 Mann umfassenden DHB-Kaders stellen.

Talente schaffen den Sprung nach ganz oben

Überhaupt fällt bei einem Blick auf das aktuelle Aufgebot auf, wie gut es im deutschen Handball mittlerweile um das Thema Anschlussförderung bestellt ist. Vor einigen Jahren bestand ein grundsätzliches Problem darin, dass begabte Nachwuchsspieler zu wenig Einsatzzeiten in ihren Vereinen erhielten und ihr Talent so nur selten voll entfalten konnten. Vor den beiden Quali-Spielen gegen die Schweiz und die Türkei steht nun exakt ein Spieler im Kader, der älter als 30 Jahre ist: Ausnahmetorhüter Andreas Wolff (34). Alle anderen Berufenen, da sind sich die Experten einig, haben ihre besten Jahre noch vor sich. Selbst Johannes Golla, der seit nunmehr vier Jahren die Kapitänsbinde im Nationalteam trägt, ist erst 27 Jahre jung.

In der Summe hat Gíslason auch diesmal wieder sieben Spieler berufen, die vor zwei Jahren den Titel bei der U21-Weltmeisterschaft in Deutschland gewannen, in ihren Klubs längst zum Stammpersonal zählen und als großes Versprechen für die kommenden Turniere gelten. Bis zur EM in Dänemark, Schweden und Norwegen (15. Januar bis 1. Februar 2026) werden zwar noch ein paar Monate vergehen, aber es ist keine gewagte Prognose zu behaupten: An jungen, hungrigen und talentierten Spielern wird es Alfreð Gíslason auch in Zukunft nicht mangeln – sofern sein Team in dieser Woche die sportlichen Formalitäten erledigt und die EM-Qualifikation klarmacht.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1190812.handball-die-fuechse-berlin-spielen-sich-in-die-weltspitze.html?sstr=füchse|berlin
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1190312.handball-die-fuechse-berlin-jagen-mit-neuer-menatlitaet-neue-titel.html?sstr=füchse|berlin
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1188616.handball-wm-deutschlands-handballer-spielen-gegen-die-eigene-vergangenheit.html?sstr=handball
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1188319.wm-handball-auf-dem-absteigenden-ast-n-trotz-voller-hallen.html?sstr=handball