nd-aktuell.de / 08.05.2025 / Politik / Seite 1

Brombeere ringt um Haltung zu AfD-Verbotsverfahren

Schließt sich Thüringen einer Bundesratsinitiative Bremens an?

Sebastian Haak, Erfurt
Mit der – derzeit vor Gericht noch umkämpften – Einstufung der AfD als »gesichert rechtsextremistisch« stellt sich den anderen Parteien nun auch die Frage nach einem möglichen Verbotsverfahren.
Mit der – derzeit vor Gericht noch umkämpften – Einstufung der AfD als »gesichert rechtsextremistisch« stellt sich den anderen Parteien nun auch die Frage nach einem möglichen Verbotsverfahren.

Innerhalb der Thüringer Brombeer-Koalition gibt es unterschiedliche Ansichten zur Frage, ob sich die Landesregierung auf Bundesebene für die Einleitung eines Parteiverbotsverfahrens gegen die AfD einsetzen soll oder nicht. Nun wird die Koalition allerdings einen Weg finden müssen, mit diesem internen Dissens umzugehen, denn aller Voraussicht nach werden sich während der Plenarsitzung in der nächsten Woche die Fraktionen von CDU, BSW und SPD zu einem Antrag der Linksfraktion verhalten müssen, mit dem diese erreichen will, dass das Land über den Bundesrat dabei hilft, ein solches Verbotsverfahren zu beginnen.

In ihrem Antrag fordert Die Linke die Landesregierung auf, sich einer von Bremen ausgehenden Initiative anzuschließen, die darauf abzielt, dass der Bundesrat den erforderlichen Antrag stellt, um ein AfD-Verbotsverfahren einzuleiten. In der Hansestadt hatten neben der dortigen rot-rot-grünen Regierungskoalition auch 16 CDU-Abgeordnete und ein FDP-Abgeordneter für einen entsprechenden Dringlichkeitsantrag gestimmt.

Für ein Parteiverbotsverfahren gibt es in Deutschland hohe Hürden. Nur der Bundesrat, der Bundestag oder die Bundesregierung können beantragen, dass sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage befasst, ob eine bundesweit tätige Partei verboten werden soll oder nicht. Ob das Bundesverfassungsgericht einem solchen Antrag im Falle der AfD entsprechen würde, ist offen. Ohne ein Verbotsverfahren allerdings kann sich das Gericht überhaupt nicht mit dieser Frage befassen, sodass alle seit Jahren diskutierten Annahmen, ein solches Verfahren sei – je nach Interpretation der Faktenlage – aussichtsreich oder aussichtslos, vor allem eins sind: Spekulation.

In der Begründung ihres Antrags verweisen die Thüringer Linken unter anderem darauf, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die gesamte AfD Anfang Mai zu einem erwiesen rechtsextremen Beobachtungsobjekt hochgestuft hatte. Zudem gebe es seit Jahren durch öffentlich bekannte Recherchen sowie durch diverse Gerichtsentscheidungen »eine substanzielle Grundlage für die Einleitung eines entsprechenden Prüfantrages«, heißt es in dem Antrag.

Wie sich die Brombeer-Koalition zu diesem Antrag verhalten beziehungsweise ob er eine Mehrheit im Landtag finden wird, ist derzeit völlig offen. Zwar gab es am Mittwochnachmittag ein Treffen zwischen den Fraktionsvorsitzenden der Brombeer-Koalition, auf dem eigentlich auch besprochen werden sollte, wie die drei Bündnispartner sich zu diesem Antrag positionieren – entweder geschlossen, als Koalition, oder doch jede Fraktion für sich. Die Fraktionen können dem Antrag theoretisch zustimmen, ihn ablehnen, sich der Stimme enthalten oder aber vorschlagen, ihn zur weiteren Beratung in einen Ausschuss des Landtages zu verweisen. Doch nach übereinstimmenden Informationen gab es bei diesem Treffen keine Verständigung darauf, wie sich die Koalition zu dem Antrag verhalten will. Weil der Antrag bislang noch nicht schriftlich vorliege, habe man ihn noch nicht abschließend bewerten können, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Andreas Bühl am Donnerstag.

Bei CDU und BSW stehen zahlreiche Landtagsabgeordnete einem möglichen AfD-Verbotsverfahren ausgesprochen skeptisch gegenüber. Auch er gehöre zu denen, die ein eventuelles Verbot dieser Partei kritisch sehen, hatte der BSW-Fraktionsvorsitzende Frank Augsten am Mittwoch in Erfurt gesagt. Er fühle sich bei dem Gedanken nicht wohl, eine Partei verbieten zu wollen, die in Ostdeutschland von sehr vielen Menschen gewählt werde. »Das macht mir sehr großes Unbehagen.« Er hoffe noch immer darauf, Menschen davon überzeugen zu können, der AfD nicht ihre Stimme zu geben, sagte Augsten. Aus seinen Gesprächen mit Menschen wisse er, dass viele AfD-Wähler überhaupt nicht wüssten, wofür diese Partei politisch stehe.

Ähnlich argumentierte auch Bühl. »Rein praktisch müssen wir uns ja die Frage stellen: Was passiert, wenn diese Partei verboten würde?«, sagte er. Nicht nur fürchte er, im Falle des Scheiterns eines Verbotsverfahrens werde die AfD noch weiteren Zuspruch bekommen. Selbst wenn ein Verbotsverfahren erfolgreich sei, seien die Menschen, die diese Partei zuletzt gewählt haben, ja immer noch da. »Wo entwickeln die sich dann hin?« Es brauche eine politische Auseinandersetzung mit der AfD.

Bei der SPD-Landtagsfraktion gibt es dagegen große Sympathien für ein AfD-Verbotsverfahren. »Wir sind als SPD-Fraktion der Auffassung, dass das Parteienverbot der AfD auf den Weg gebracht werden muss«, sagte der Vorsitzende Lutz Liebscher. »Wir haben immer schon gesagt, wer foul spielt, gehört vom Platz gestellt.«