Seit das Bundesamt für Verfassungsschutz[1] die AfD als »gesichert rechtsextremistisch« eingestuft hat, wächst der Druck auf die Politik, Konsequenzen zu ziehen. Aus der SPD kommen klare Forderungen: Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger bezeichnet es als »Graus, dass eine rechtsextremistische Partei mit Steuergeldern finanziert« werde. Niedersachsens CDU-Chef Sebastian Lechner[2] und der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU)[3] fordern, die Innenministerkonferenz solle einen Antrag auf Entzug der Parteienfinanzierung prüfen.
Lechner betont: »Rechtsextreme und verfassungsfeindliche Propaganda aus Steuermitteln zu finanzieren, finde ich unerträglich.« Herrmann sagte der »Bild«, die Entscheidung des Verfassungsschutz gäbe »Anlass zu prüfen, ob die AfD auf dieser Grundlage von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden kann«. Die Linke-Innenpolitikerin Clara Bünger forderte im »Tagesspiegel«: »Die Demokratie darf nicht zulassen, dass sie mit Mitteln aus der Staatskasse ihre eigene Abschaffung auch noch finanziert.« Damit wächst der parteiübergreifende Druck, der AfD den Geldhahn zuzudrehen.
Vorbild ist der Umgang mit der die NPD (heute »Die Heimat«). Nach zwei gescheiterten Parteiverbotsverfahren entschied das Bundesverfassungsgericht im Januar 2024 erstmals, einer Partei die staatliche Finanzierung zu entziehen. Grundlage ist der 2017 eingeführte Artikel 21 Absatz 3 im Grundgesetz, der es ermöglicht, Parteien, die aktiv gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung arbeiten, von der Finanzierung auszuschließen.
Bei der NPD sah das Gericht die Voraussetzungen erfüllt: Sie verfolge ein ethnisch-exklusives Volksverständnis, das mit der Menschenwürde und dem Demokratieprinzip unvereinbar sei. Die Partei war jedoch zu unbedeutend, um ein Verbot zu rechtfertigen. Der Finanzierungsausschluss galt als Alternative zum Verbot und angemessene Reaktion auf ihre offenkundige Verfassungsfeindlichkeit.
Die Diskussion um die AfD zeigt: Die rechtlichen Hürden für einen Ausschluss aus der Parteienfinanzierung und für ein Parteiverbot unterscheiden sich kaum. Beide Maßnahmen setzen voraus, dass das Bundesverfassungsgericht feststellt, dass die Partei aktiv und planvoll die demokratische Grundordnung bekämpft. Der einzige Unterschied: Für ein Verbot muss zusätzlich ein »Gefährdungspotenzial« bestehen.
Verfassungsrechtler Christian Waldhoff bringt es auf den Punkt: »Der Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung ist die exakt gleiche Voraussetzung beim Verbot wie beim Ausschluss aus der Parteienfinanzierung«, sagte er dem dem Bayerischen Rundfunk . Es gebe »keinen Rabatt bei den Voraussetzungen für Verfassungsfeindlichkeit«. Ein Finanzierungsausschluss ist also keine einfachere Maßnahme. Wer ihn fordert, muss dieselben Nachweise erbringen wie für ein Verbot. Er kann nur von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung angestoßen werden.
Die Forderung, der AfD die staatlichen Gelder zu entziehen, ist politisch verständlich – doch rechtlich erfordert sie denselben Aufwand wie ein Verbotsantrag. Angesichts der fast identischen Voraussetzungen wäre es also konsequenter, ein Verbotsverfahren gegen die AfD einzuleiten. Denn nur das würde die Partei auch organisatorisch nachhaltig zerschlagen. Der Finanzierungsausschluss ist keine Abkürzung, sondern verlängert den Weg zu einem Verbot nur unnötig.