Nur Freude an Nashorn & Eidechse?

Bundesregierung beschloss Maßnahmenkatalog zum Schutz der Artenvielfalt

  • Tom Kirschey
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit der letzten Woche hat Deutschland eine Strategie zur Erhaltung der biologischen Vielfalt, beschlossen von der Bundesregierung. Wird nun alles gut?
Von der Östlichen Smaragdeidechse gibt es nur noch ein paar Dutzend Exemplare in Deutschland.
Von der Östlichen Smaragdeidechse gibt es nur noch ein paar Dutzend Exemplare in Deutschland.

Obwohl die G8-Wirtschaftsmächte und die großen Schwellenländer auf ihrem Gipfel in Heiligendamm den Verlust biologischer Vielfalt als mit dem Klimawandel vergleichbare Gefährdung der Menschheit und ihrer wirtschaftlichen Entwicklung bezeichneten, hat diese Einsicht bislang kaum Eingang in den politischen Alltag gefunden. Dass die Bundesregierung sich gerade jetzt zu ihrer Verantwortung für den Erhalt und die nachhaltige Nutzung biologischer Ressourcen bekennt und dies in einer »Strategie« darlegt, hat wohl vor allem einen Grund: Im Mai kommenden Jahres ist die Bundesrepublik Gastgeber der 9. Vertragsstaatenkonferenz des UNO-Übereinkommens über die biologische Vielfalt.

»Die Strategie ist eine Verpflichtung für uns alle: die jetzige und auch zukünftige Bundesregierungen, die Länder und Kommunen, aber auch Wirtschaft und Gesellschaft. Denn nur gemeinsam wird es uns gelingen, dass auch zukünftige Generationen sich über den Reichtum der Natur freuen und ihn nutzen können«, so Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) bei der Vorstellung am vergangenen Mittwoch. Damit hat der Minister zwar die gut dreieinhalbjährige Arbeit einer Vielzahl von Fachleuten am Papier gewürdigt, zugleich jedoch die Zielsetzung verengt. Denn Biodiversität ist keineswegs nur zum Vergnügen unserer Enkel und Urenkel von Belang. Dennoch gab es aus der Naturschutzszene überwiegend lobende Worte, wohl auch weil man froh sein muss, dass der schon von Gabriels Amtsvorgänger Jürgen Trittin (Grüne) begonnene Strategieprozess überhaupt zu einem Ergebnis führte. Hubert Weinzierl, Präsident des Deutschen Naturschutzrings, nannte die Strategie den »hoffnungsvollen Beginn eines gesellschaftspolitischen Prozesses«.

Der Grund für die zurückhaltende Zustimmung dürfte vor allem darin bestehen, dass die Bundesrepublik einst zwar aus Sorge um den drastischen globalen Rückgang biologischer Vielfalt zu den Vordenkern der 1992 in Rio de Janeiro begründeten UN-Konvention gehörte, aber im eigenen Land konkrete Maßnahmen vermissen ließ. Dadurch fehlte es im zurückliegenden Jahrzehnt an Glaubwürdigkeit auf europäischer und internationaler Ebene. »Wer den Erhalt der Regenwälder in Brasilien oder der Nashörner in Tansania glaubwürdig vertreten will, kann sich mit weniger als einem Prozent nutzungsfreier deutscher Waldfläche und den engstirnigen Diskussionen um die wenigen wirksamen Instrumente des deutschen Naturschutzrechts nicht zufrieden geben«, mahnt NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Die Strategie hat einen teilweise ambitionierten Katalog von etwa 330 konkreten Zielen und rund 430 Maßnahmen in den verschiedensten Bereichen des Naturschutzes, der nachhaltigen Naturnutzung und der Entwicklungszusammenarbeit formuliert. Ob sich Ziele wie die Erhöhung des Anteils der Wälder mit natürlicher Entwicklung – also ohne Holzentnahme – auf fünf Prozent im Jahr 2020 bei steigender Holznachfrage und den bisherigen Regelungen der Bundesländer umsetzen lassen, ist zumindest fraglich. Es wäre dennoch bitter nötig.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal