Nackt in der Arrestzelle

Schlampige Ermittlungen gegen Rechts, genaues Hinsehen bei Linken: Sachsen-Anhalts Polizei

  • Matthias Gärtner
  • Lesedauer: 2 Min.
In Sachsen-Anhalt ist die Polizei erneut schwerer Kritik ausgesetzt. In Sangerhausen soll ein Beamter nach einem Anschlag auf ein Flüchtlingsheim schlampig ermittelt haben. In Weißenfels mussten sich nach einer Kundgebung linker Jugendlicher sieben teils minderjährige Mädchen in einer Arrestzelle entkleiden.

Am 6. Januar diesen Jahres kam es in Sangerhausen zu einem schweren Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft. Die drei damaligen Bewohner des Hauses konnte sich nur retten, weil einer rechtzeitig den Brand entdeckte und die anderen wecken konnte. Jetzt müssen sich eine Frau und drei Männer vor dem Gericht wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung verantworten. Alle Angeklagten sind der rechten Szene zuzurechnen.

Nach der Vernehmung eines Staatsschutzbeamten, der damals die Wohnung eines Angeklagten durchsuchte, sind nun peinliche Ermittlungspannen zu Tage getreten. Der Beamte musste einräumen, dass die zwingend vorgeschriebene Belehrung einer Beschuldigten, dass diese vor der Vernehmung einen Verteidiger konsultieren dürfe, nicht erteilt zu haben. Dadurch droht die Unverwertbarkeit der polizeilichen Vernehmungen durch den Polizeizeugen. Pannen gab es auch bei der Auswertung der Handydaten der Angeklagten. So wurden die Handynummern nicht aktenkundig, weil der Beamte seine Notizen verschlampte. Das Innenministerium reagierte rasch auf die nunmehr bekannt gewordenen Tatsachen. Der Polizist wurde von seinen Aufgaben entbunden und versetzt. Die Staatsanwaltschaft reichte eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein.

Ähnlich skandalös sind die Vorgänge in einem Weißenfelser Polizeirevier. Nach einer Kundgebung linker Jugendlicher, welche nicht angemeldet war, mussten sich sieben weibliche Teilnehmer in einer Polizeizelle entkleiden. Außerdem sollen die Betroffene eigenen Angaben zufolge auch im Intimbereich untersucht worden sein.

Diesen Vorwurf weist die Polizei allerdings zurück. Das Innenministerium des Landes reagierte dennoch unverzüglich: Das Verhalten der Beamtinnen wurde als unverhältnismäßig bezeichnet, außerdem wurden Disziplinarverfahren ankündigt. Für Sachsen-Anhalts Grünen-Chef Christoph Erdmenger muss endlich Schluss damit sein, »dass wir monatlich von neuen Pannen bei der Polizei hören.« Die Polizei in Sachsen-Anhalt bräuchte jetzt eine Innenrevision. Die LINKE will beide Vorfälle im Innenausschuss des Landtages im Interesse einer umfassenden und endgültigen Klärung zur Sprache bringen.

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