Ein ABC alternativer Weltsichten

  • Susanne Götze
  • Lesedauer: 2 Min.
Oft wird linken Bewegungen vorgeworfen, sie seien immer nur »dagegen«. Gegen Hartz IV, Privatisierung, Globalisierung. Populismus und Idealismus, Realitätsblindheit und Verantwortungslosigkeit sind nur einige »Komplimente«, die Querdenker mit nach Hause nehmen dürfen.

Tatsächlich wird aber trotz zahlreicher erstickter Keime des Widerstands und trotz des derzeit postulierten Rechtsruckes in Europa schon immer der Aufstand im Alltag geprobt. Zweifler, Radikale und Eigensinnige schaffen bis heute gesellschaftliche Parallelwelten, die nicht unbedingt für ein »dafür«, sondern ein »es geht auch anders« stehen. Doch auch links besetzte Begriffe wie Basisdemokratie, Grundeinkommen und Revolution sind – abgesehen von »feindlichen Begriffsübernahmen« – in der Bewegung selbst umstritten.

Nun haben sich erstmals Ulrich Brand, Professor für Internationale Politik, die Politikwissenschaftlerin Bettina Lösch und der freie Journalist Stefan Thimmel im neu erschienenen Buch »ABC der Alternativen« dieser Tradition systematisch genähert. Daraus ist in Zusammenarbeit mit der Rosa-Luxemburg-Stiftung, der »Tageszeitung« sowie dem Wissenschaftlichen Beirat von Attac – bei letzterem sind alle drei Herausgeber auch aktiv – ein umfangreiches Lexikon entstanden, das nicht einzelne Projekte linker Bewegungen sammelt, sondern sich den zahlreichen alternativ besetzten Begriffen annimmt.

Anders als die bereits im VSA-Verlag erschienenen Bände »ABC der Globalisierung« und »ABC des Neoliberalismus« haben sich die Herausgeber hier an einem Begriff gewagt, der ebenso weit wie unerschöpflich ist. So gestehen sie auch schon im Vorwort ein, dass diese Sammlung weder ein Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Verbindlichkeit beansprucht. Vielmehr habe man sich entschieden, »Begriffe aufzunehmen, die alternative Weltsichten eröffnen und für emanzipatorisches Denken und Handeln wichtig sind«. Das Ziel sei erreicht, wenn der Band zu Widerspruch anstachele, Nachdenken und Diskussionen fördere. Immerhin, so die Herausgeber, seien ihnen schon im ersten Anlauf eben mal an die 250 relevanten Begriffe eingefallen, die dann aber reduziert werden mussten.

Daher ist das Buch mit seinen 126 Begriffen nicht als Lexikon der herkömmlichen Art zu lesen. Die kurzen Erklärungen, nicht länger als zwei Seiten, reichen vom Kultroman »Die Ästhetik des Widerstands« von Peter Weiss bis zu »Ziviler Ungehorsam« und sind von unterschiedlichsten Autoren der Bewegungsszene verfasst worden. So macht es doppelt Spaß, das Lexikon zu studieren: Erstens, weil dem Leser hier eine interessante Auswahl von Begriffen und Anregungen zum Weiterlesen geboten werden. Und zum zweiten, weil das Buch mit seiner bunten Autorenschaft auch noch ein ABC der aktuellen deutschen Bewegungslandschaft beinhaltet: von A wie Elmar Altvater bis Z wie Raul Zelik.

ABC der Alternativen, hrsg. v. Ulrich Brand, Bettina Lösch und Stefan Thimmel, 272 Seiten; 12 Euro, VSA-Verlag Hamburg.

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