Seit 2021 zeigt sich in Deutschland ein Trend, weniger Fisch zu verzehren. Während der Fischkonsum im Jahr 2020 durchschnittlich 14,8 kg pro Kopf betrug, lag er im Jahr 2024 bei 12,1 Kilogramm pro Person und Jahr. Gründe dafür gibt es genug: Viele Bestände gelten als überfischt. Die Verkaufspreise für Fisch haben sich erhöht. Einige Fischarten weisen gesundheitsschädigende Verunreinigungen durch Umweltgifte wie PCB (Polychlorierte Biphenyle) oder Quecksilber auf. Und junge Menschen bevorzugen häufig eine pflanzliche Ernährung.
Dennoch wären Meeresfische und Krustentiere eine gute Quelle für die lebensnotwendigen Spurenelemente Jod und Selen sowie hochungesättigte Fettsäuren und Vitamin D. Das Element Jod dient dem Aufbau von Schilddrüsenhormonen. Mithilfe dieser Hormone nimmt die Schilddrüse, die sich im vorderen Halsbereich befindet, Einfluss auf die Wärmeproduktion des menschlichen Körpers, die Aktivität des Nervensystems und die Gehirnreifung bei Kindern und Jugendlichen. Bereits im Mutterleib sind die sich entwickelnden Embryos auf eine kontinuierliche Bildung von Schilddrüsenhormonen angewiesen.
Bei einer Schilddrüsenüberfunktion ist die Zufuhr von jodreichen Lebensmitteln stark einzuschränken.
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Zur regelmäßigen Versorgung mit Jod tragen verschiedene Quellen bei. Dazu gehören jodiertes Speisesalz oder mit Meeresalgen angereichertes Salz mit einem definierten und streng kontrollierten Jodgehalt. Jodtabletten werden von Ärzten bei diagnostiziertem Jodmangel empfohlen. Für Babys ab dem 6. Lebensmonat, die noch keine gesalzenen Speisen essen sollten, kann in Absprache mit dem Kinderarzt eine Dosis von 50 Mikrogramm Jod pro Tag sinnvoll sein.
Jodtabletten sollte man jedoch nicht eigenmächtig einnehmen, denn sie sind mit Risiken für die Gesundheit verbunden. Ungewohnt hohe Jodmengen können vor allem für manche Frauen ein gesundheitliches Risiko bedeuten. Zum Beispiel, wenn sie in der Jugend an eine sehr geringe Jodzufuhr gewöhnt waren, wie das etwa in Gebirgsregionen im Süden und Südosten Deutschlands der Fall sein kann.
In Situationen hormoneller Änderungen wie Pubertät, in und kurz nach einer Schwangerschaft oder in den Wechseljahren kann sich eine Erkrankung der Schilddrüse manifestieren. Die Autoimmunerkrankung Hashimoto, welche nach dem gleichnamigen japanischen Arzt bezeichnet wird, kann mit Symptomen einer Schilddrüsenüberfunktion beginnen. Nach einem halben bis mehreren Jahren kann diese entzündliche Erkrankung in eine Unterfunktion mit Müdigkeit und depressiver Verstimmung übergehen.
Eine Überfunktion wie Morbus Basedow wird manchmal erst nach einem Knochenbruch im Zuge einer Osteoporose diagnostiziert. Klassische Symptome sind hervortretende Augen, beschleunigter Herzrhythmus oder Schlaflosigkeit.
Bei der Überfunktion wird meist ein Medikament, das die Schilddrüsen-Aktivität bremst, verordnet, welches mindestens ein Jahr lang eingenommen wird. Darüber hinaus ist es nützlich, die Zufuhr von jodreichen Lebensmitteln, und dabei ganz besonders die jodreichen Meeresalgen, stark einzuschränken.
Auch die entzündliche Autoimmunerkrankung Hashimoto kann sich durch eine überhöhte Jodzufuhr verschlimmern. Sofern diese in eine Unterfunktion übergeht, wird in vorsichtigen Dosierungsschritten ein Schilddrüsenhormon eingenommen. Weil dieses Hormon dem Körper eine gleichmäßige Jodmenge liefert, ist keine Einnahme von Jodtabletten erforderlich. Jedoch ändert sich das, wenn eine Frau schwanger wird. Dann erhöht sich der tägliche Jodbedarf.
Im Alpenraum trugen junge Frauen früher ein Kropfband, das den Beginn einer Schwangerschaft anzeigte, weil die Schilddrüse sich ab dieser Zeit vergrößerte, um mehr Jod aufnehmen zu können. Eine individuell angepasste Gabe von Jod, Selen und Eisen, die in Absprache mit der Frauenärztin und Endokrinologin erfolgt, ist besonders wichtig für die embryonale Entwicklung. So empfehlen Endokrinologen in der Schwangerschaft eine vorsichtige Dosis von 100 Mikrogramm Jod pro Tag für Frauen mit Hashimoto. Das entspricht ungefähr der Hälfte des Tagesbedarfes für gesunde Schwangere und Stillende.
Auch Lebensmittel wie Kuhmilch und Käse enthalten Jod. Zu beachten ist: Im Durchschnitt enthalten Milchprodukte aus ökologischer Herstellung nur halb so viel Jod, weil dabei das Futter zurückhaltender mit Spurenelementen ergänzt wird. Fettreiche Fische wie Hering, Makrele, Lachs und Steinbutt enthalten nur rund ein Viertel der Jodmengen verglichen mit Kabeljau oder Seelachs. Jedoch liefern gerade diese fettreichen Fischarten bestimmte hochungesättigte Fettsäuren, die ebenfalls für die Gehirnfunktion benötigt werden.
Wenn bei veganer Ernährung regelmäßig Meeresalgen der Jodversorgung dienen sollen, ist größte Umsicht geboten, weil der Gehalt an Jod bei den verschiedenen Meeresalgen sehr stark schwankt. In diesem Zusammenhang warnt Alessa Klug vom Referat Wissenschaft der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) vor dem Verzehr von Meeresalgen[1], deren Jodgehalt nicht gekennzeichnet ist.
Zur Veranschaulichung ein Rechenbeispiel: Für sechs kleine Sushi-Röllchen, wie sie in asiatischen Restaurants oder bei Discountern portioniert sind, werden zwei Gramm getrocknete Algenblätter verarbeitet. Wenn die verwendete Meeresalge 100 Mikrogramm Jod pro Gramm enthält, wie es bei Nori-Algen eines Anbieters im Internet deklariert ist, würden diese sechs kleinen Sushi-Röllchen bereits 130 Prozent des gesamten Tagesbedarfs abdecken. Dementsprechend muss eine maximale Verzehrmenge als Warnhinweis angegeben sein. Aber oft werden auf Restaurant-Tellern bis zu 24 Sushi-Röllchen serviert. Zudem können infolge der starken Schwankungen in einem Gramm Meeresalgen zwischen 16 (bei Nori-) und 5000 Mikrogramm Jod (bei Kelp-Algen) enthalten sein.
Normalerweise verfügt eine gesunde Schilddrüse gegen eine zu hohe Jodzufuhr über einen gewissen Schutzmechanismus, indem sie die Jodaufnahme blockiert. Das macht man sich bei nuklearen Unfällen zunutze und würde dann extrem hoch dosiertes Jod verteilen[2].
Bei der doppelten oder dreifachen Tagesdosis greift dieser Schutzmechanismus noch nicht. Jedoch können besonders Menschen mit einer Schilddrüsenerkrankung dann bereits heftige Symptome wie Unruhe, Zittern oder Herzrasen erleiden. Im Zweifelsfall sind deshalb die mit Algenblättern hergestellten Sushi-Sorten komplett zu meiden. Durch eine längere überhöhte Jodzufuhr kann es aber auch bei gesunden Menschen zu Störungen der Schilddrüse kommen, warnt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.
Anders sehen die Fakten bei Algenöl aus. Diese Öle, welche eine pflanzliche Ernährung mit hochungesättigten Omega-3-Fettsäuren ergänzen können, werden meist aus Mikroalgen gewonnnen. Diese wiederum werden in Süßwasser gezüchtet und enthalten keine nennenswerten Jodanteile.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1191654.spurenelemente-genuegend-jod-durch-seefisch.html