Kampf der »Trostfrauen«

Zwangsprostituierte fordern Entschädigung

  • Ina Beyer
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Japaner nannten sie euphemistisch »Trostfrauen« – die Frauen, die sie im zweiten Weltkrieg in die Prostitution zwangen. Eine Entschuldigung und Entschädigungen für das, was ihnen angetan wurde, bleibt die Regierung bis heute schuldig.

Der Saal des Berliner »Haus der Demokratie und Menschenrechte« ist gut gefüllt. Die Menschen sind gekommen, um sich die vielleicht letzte Chance, die Geschichte einer »Trostfrau« in ihren eigenen Worten zu hören, nicht entgehen zu lassen. Zum ersten Mal erzählen die Koreanerin Gil Won Ok, die Philippina Lola Menen und Ellen van der Ploeg, die heute in den Niederlanden lebt, in Deutschland von ihren Schicksalen.

Lola Menen war erst dreizehn, als japanische Soldaten sie 1942 aus dem Garten ihres Elternhauses entführten und in ihre Kaserne brachten. Die Japaner hatten damals gerade die Philippinen überfallen. Von Sex habe sie damals noch nichts gewusst, lässt sie erahnen, wie traumatisch die Erfahrungen, die sie dort machte, gewesen sein müssen.

Die Niederländerin Ellen van der Ploeg lebte während des Zweiten Weltkrieges in Indonesien, das damals noch holländische Kolonie war. Ihr Haar ist lang und weiß, sie trägt es zum Knoten gesteckt und sieht mit ihrer Brille, die sie dazu auf der Nase trägt, aus wie eine Oma aus dem Bilderbuch. Sie sei in einem Kriegsgefangenenlager gewesen, damals, als die Japaner in Indonesien waren, um das Land von den Holländern »zu befreien«.

Die japanischen Oberen in dem Camp hätten die jungen Frauen und Mädchen zwischen 15 und 25 Jahren an mehreren Tagen Paraden laufen lassen. In dieser »Fleischbeschau« pickten sie die attraktivsten heraus. Auch sie war unter den Ausgewählten. Sie wurde mit den anderen in ein Bordell in der Hauptstadt gebracht, erzählt die für ihr Alter sehr agile Frau auf englisch. Soldaten, die zu den Mädchen wollten, hätten beim Vorsteher des Bordells zuerst bezahlen müssen. »62 Jahre später warte ich immer noch auf meine Bezahlung«, sagt sie mit einer Stimme, die Empörung und Aufmüpfigkeit gleichzeitig ausstrahlt.

Die drei Frauen, die auf dem Podium der von Amnesty International organisierten Veranstaltung sitzen, sind heute um die 80, die schrecklichen Erlebnisse, die sie verwinden mussten, liegen mehr als 60 Jahre zurück. Noch immer kämpfen sie um eine offizielle Entschuldigung der japanischen Regierung und um Entschädigungszahlungen. Es ist ein Kampf gegen die Zeit: Viele der bis zu 200 000 Frauen, die die Japaner damals in die Prostitution zwangen, sind heute nicht mehr am Leben. Die japanische Regierung entzieht sich bis heute der Verantwortung – alles, was den Frauen bleibt, ist, ihre Geschichte immer wieder zu erzählen und zu hoffen, dass unter dem Druck einer breiter werdenden Öffentlichkeit die Gerechtigkeit am Ende doch noch siegen wird.

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