nd-aktuell.de / 05.06.2025 / Sport

»Aufstiegsreform 2025«: Initiative der Ostvereine wird stärker

Mit wachsender Unterstützung aus dem Fußball-Westen wird der Druck auf den DFB größer

Christoph Ruf
Traurig: Schon 13 Jahre lang bleibt die Forderung nach Gerechtigkeit unerhört.
Traurig: Schon 13 Jahre lang bleibt die Forderung nach Gerechtigkeit unerhört.

Für die Anhänger des 1. FC Lokomotive Leipzig[1] muss es so scheinen, als sei ihr Verein verflucht. Zum zweiten Mal innerhalb von fünf Jahren war ihr Team souveräner Meister der Regionalliga Nordost geworden. Und zum zweiten Mal durfte es dennoch nicht aufsteigen. 2020 scheiterte Lok in der Relegation am SC Verl. Am vergangenen Sonntag der erneute Nackenschlag gegen den TSV Havelse[2]: Nach einem 1:1 im Hinspiel setzte sich der Meister der Regionalliga Nord mit 3:0 durch.

Ungerechte Aufstiegsregelung

Letztlich sind die Lokisten allerdings nicht an einem kleinen Klub aus Niedersachsen gescheitert, sondern an der Aufstiegsregelung[3]: Von den drei Meistern der Regionalligen Nordost, Nord und Bayern steigt jährlich rotierend nur einer direkt auf, während die beiden anderen den vierten Platz in der Relegation ausspielen.

Besser als am Beispiel von Lok Leipzig[4] lässt sich kaum zeigen, wie grotesk das ist. Der Meister einer Staffel, die sechs Bundesländer umfasst, bleibt nun viertklassig, obwohl er in 34 Ligaspielen nur vier Niederlagen erlitten hatte. »Das ist die ungerechteste Regel, die es im Fußball gibt«, sagt Sportdirektor Chris Löwe vom Ligakonkurrenten Chemnitzer FC. »Lok hat eine überragende Saison gespielt und musste in diese beiden Extraspiele. Die haben darüber entschieden, ob der Verein in den Profifußball zurückkehrt oder nicht.«

Beim Chemnitzer FC laufen die Fäden der im Februar von 17 Ostvereinen gegründeten Initiative »Aufstiegsreform 2025«[5] zusammen. 16 der 18 Regionalligisten aus dem Osten[6] gehören ihr an – und bekommen derzeit gehörigen Zulauf. »Es wird jetzt in den nächsten Wochen darum gehen, die gemeinsamen Interessen der Regionalligen herauszufiltern, um mit einer Stimme sprechen zu können«, sagt Initiator Tommy Haeder, Geschäftsstellenleiter beim sächsischen Viertligisten. »Ganz ohne die Vermittlung des DFB und der Landesverbände wird es aber nicht gehen.« Haeder glaubt aber auch, dass die Regionalligisten umdenken müssen. »Meister müssen aufsteigen« sei das ebenso plakative wie gerechtfertigte Motto, hinter dem sich alle versammeln können. Allen Regionalligisten müsse aber auch klar sein, dass es nicht damit getan sein, Forderungen zu stellen, ohne vor der eigenen Haustür zu kehren: »Wir brauchen als Regionalligen eine komplette Strukturreform. Die Zeiten, in denen Solidarität beschworen wird, sich letztlich aber nur an den Interessen des eigenen klubs orientiert, müssen vorbei sein.«

Druck auf DFB wächst

Viele Regional- und Drittligisten warten allerdings seit Langem darauf, dass der DFB[7] Wege präsentiert, wie man das Aufstiegsdilemma lösen kann, das kaum jemand in der Branche gerecht findet. Doch weder in Frankfurt am Main noch bei den Landesverbänden tat sich etwas – auch das erklärt den Zulauf für die Initiative, die kommende Woche weitere Zugänge präsentieren will. Aus der dritten Liga schlossen sich jüngst Hansa Rostock, Energie Cottbus, Erzgebirge Aue und Zweitliga-Aufsteiger Dynamo Dresden an. In Bayern solidarisierten sich die Würzburger Kickers, die im vergangenen Sommer in der Relegation erst im Elfmeterschießen an der Zweitvertretung von Hannover 96 gescheitert waren. Im Westen kamen Rot-Weiß Oberhausen und der 1. FC Bocholt dazu. Am Dienstag schlossen sich nun Kickers Emden, der VfB Lübeck und der VfB Oldenburg an – neben dem SV Meppen, der bereits im Mai beigetreten ist, sind das die vier Schwergewichte aus der Nordstaffel.

»Jetzt ist die Zeit, in der die Vereine geschlossen für eine Reform eintreten müssen«, findet Meppens Geschäftsführer Florian Egbers. Und Lübecks Vorstandschef Dieter Gudel »begrüßt, dass in dieses seit Jahren schwelende Thema Bewegung kommt«. Für die Integrität des Wettbewerbs sei es fatal, »wenn bei wechselndem Aufstiegsrecht die betroffenen Regionalligisten in ein Wettrüsten und in finanzielle Risiken gezwungen werden, um in einer Spielzeit mit einem festen Aufstiegsplatz unbedingt Erster werden zu wollen.«

Absage von Bernd Neuendorf

Wer sich in der Branche umhört, hat dann auch den Eindruck, dass die Ziele der Initiative mehrheitsfähig wären. Wenn dennoch seit Jahren keine Abhilfe geschaffen wird, liegt eher daran, dass man sich nicht auf ein Modell einigen kann. Bei der gegenwärtigen Regionalligastruktur mit letztlich fünf Aufsteigern wäre es fraglos am einfachsten, das mit fünf statt derzeit vier Absteigern aus der dritten Liga zu kompensieren. Doch diesem Modell hat DFB-Präsident Bernd Neuendorf eine kategorische Absage erteilt. Auch eine Aufstockung auf 22 Vereine lehnt er ab.

Die Zweitvertretungen der Profivereine spielen in diesem Konstrukt auch eine Rolle, aber darüber wird schon erst gar nicht diskutiert. Obwohl deren Interessen eigentlich nicht vom DFB, sondern von der DFL vertreten werden müssten, blockierten in der abgelaufenen Saison die U23-Teams aus Hannover, Stuttgart und Dortmund drei Startplätze in der dritten Liga, Hannover und Dortmund sind abgestiegen.

Es scheint also, als ob sich die Regionalligisten auf ein Modell verständigen müssten, das aus fünf Regionalligen vier macht. Beispielsweise indem die SpVgg Bayreuth in eine Ost-Staffel wechselt, der Greifswalder FC hingegen in die Regionalliga Nord rutscht. Der DFB hat die Initiative jedenfalls aufgefordert, sich an die Regional- und Landesverbände zu wenden, um beim DFB-Bundestag im November Mehrheiten für eine Reform organisieren zu können, die die vierte Liga betrifft – und eben die dritte. In die ist gerade der Staffelmeister aus dem Südwesten direkt aufgestiegen: die U23 der TSG Hoffenheim, die oft nur vor 200 Zuschauern spielt.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1191545.relegation-lok-leipzig-gegen-tsv-havelse-auf-dem-sprung-zu-den-profis.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1191577.fussball-lok-leipzig-und-havelse-hadern-mit-der-unsaeglichen-relegation.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1191705.regionalliga-aufstiegsreform-dfb-und-landesfuersten-verhindern-fairen-fussball.html
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1190706.regionalliga-nordost-lokomotive-leipzig-goetterfunken-aus-probstheida.html
  5. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189293.regionalliga-nordost-aufstiegsreform-die-glorreichen-ost-klubs-reiten-voran.html
  6. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189048.fussball-der-osten-widersetzt-sich-dem-dfb.html
  7. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189833.regionalliga-nordost-kein-fair-play-des-dfb-bei-aufstiegsreform.html