Ein silbrig glänzendes Wesen wie aus einer anderen Welt, mit schlangenartigem Körper und leuchtenden Mustern. Drei Schritte lang, mit verletztem, aber nahezu intaktem Körper, schimmerte der Fund im Sonnenlicht, als Sybil Robertson ihn am Ocean Beach an Tasmaniens[1] rauer Westküste entdeckte. Bei dem silbernen Riesen aus der Tiefe handelt es sich um einen Riemenfisch (Regalecus glesne) – ein Tier aus der Tiefsee, das nur selten an den Meeresküsten anspült und dann stets für Staunen sorgt.
Erst die Facebook-Gruppe »Citizen Scientists of Tasmania«, in der die Finderin Fotos des Fundes gepostet hatte, klärte auf: Es handelt sich um einen Riemenfisch – ein äußerst seltener und kaum dokumentierter Bewohner der Tiefsee. Der Riemenfisch gilt als der längste Knochenfisch der Welt und wird nicht nur aufgrund seines geheimnisvollen Erscheinungsbilds auch als »Weltuntergangsfisch« bezeichnet. Schließlich dient er häufig Mythen über Seeungeheuer oder anstehende Naturkatastrophen.
Vor allem laut japanischem Aberglauben ist er ein Vorbote von Unglücken – insbesondere Erdbeben oder Tsunamis. Diese Legende wurde befeuert, als 2011 vor der verheerenden Katastrophe rund um Fukushima[2] zahlreiche Riemenfische gefunden wurden. Diesem Aberglauben können Forscher jedoch nur wenig abgewinnen. Das Ganze sei eher ein Zufall, meinte der Meeresbiologe Neville Barrett vom Institute for Marine and Antarctic Studies der Universität Tasmanien gegenüber dem australischen Sender ABC. Handfeste Beweise gebe es dafür nicht.
Den Fund auf Tasmanien bezeichnete der Meeresbiologe dann auch eher als »einen Glücksfall«. Denn: »Solche Fische werden nur sehr selten an Land gespült.« Die meisten würden nach ihrem Tod in die Tiefe sinken und dort verfallen. Im Wettlauf gegen kreisende Seevögel, die sich für den Fisch interessierten, wurden deswegen auch die Behörden kontaktiert, um Proben des Fisches zu sichern. Sie sollen von Experten der australischen Forschungsagentur CSIRO untersucht werden.
Riemenfische leben in Tiefen zwischen 150 und 1000 Metern – manche sogar noch tiefer – und meiden den Menschen. Kommerziellen Fischern gehen sie daher normalerweise nicht ins Netz, und auch Tauchern begegnen sie so gut wie nie. Dass überhaupt einer an Land gespült wird, noch dazu in gutem Zustand, ist eine Seltenheit. In Australien sind laut CSIRO nur etwa 70 Funde wissenschaftlich dokumentiert. Laut Barrett ernähren sich die Fische von Krebstieren, schwimmen eher langsam und gehören nicht zu den Spitzenjägern der Ozeane. Ihre Körperlänge von bis zu acht Metern legen Wissenschaftler zufolge ein Alter von mindestens 20 bis 30 Jahren nahe. Andere Tiefseebewohner können sogar mehr als 100 Jahre alt werden.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1191722.personalie-katastrophenmelder-aus-der-tiefe.html