Bundesbildungsministerin Karin Prien[1] (CDU) hat die Grenzen staatlicher Verantwortung in der Bildung umrissen. Bund und Länder seien überfordert, wenn sie alle Aufgaben übernehmen müssten – die Erziehung bleibe auch Aufgabe der Familien.
Dennoch zeigt der aktuelle bildungspolitische Diskurs eine andere Tendenz: Kitas und Schulen sollen sich immer intensiver um die Kinder kümmern. Dies steigere die Chancengleichheit[2], lautet ein zentrales Argument. Gleichzeitig werden Förderangebote zunehmend individualisiert – soweit der Lehrkräftemangel das zulässt. Diese Entwicklung bringt jedoch eine problematische Kehrseite mit sich: Den Kindern wird ein enges institutionelles Korsett übergestülpt, in dem sie gezielt im Sinne gesellschaftlicher Interessen geformt werden. Neben elementarem Sozialverhalten lernen sie auch Konkurrenzkampf und marktwirtschaftliche Mechanismen kennen. Längst hat die PR-Branche das Potenzial des Schulmarketings erkannt[3] – schließlich prägen Markenvorlieben aus der Kindheit oft ein Leben lang. Schulen sind für die Wirtschaft längst zu wichtigen Partnern geworden, die über Sponsoring und Unterrichtsmaterialien ihren Einfluss in den Klassenzimmern ausbauen.
Glücklicherweise ist der schulische Einfluss nicht allumfassend. Kinder benötigen Freiräume, unverplante Zeit und vor allem ihre Familien. Priens Appell an die Eltern, bewusst Zeit mit ihren Kindern zu verbringen, trifft daher einen Kern: Wo familiäre Zuwendung fehlt, schwinden die Bildungschancen dramatisch.