nd-aktuell.de / 25.06.2025 / Sport

Patrick Lange vor dem Ironman Frankfurt: »Ich bereue nichts«

Der dreifache Hawaii-Sieger aus Hessen spricht über den Fluch bei der Triathlon-EM in seiner Heimat und seinen steten Antrieb

Interview: Frank Hellmann
Hawaii 2024: Patrick Lange siegt mit neuem Streckenrekord von 7:35:53 Stunden.
Hawaii 2024: Patrick Lange siegt mit neuem Streckenrekord von 7:35:53 Stunden.

Wie ist es vor dem Ironman in Frankfurt am Main um Ihre Fitness[1] bestellt?

Ich bin wirklich froh, dass ich rechtzeitig gesund geworden bin. Bis vor zwei Wochen stand noch zur Debatte, ob ich überhaupt starten kann. Eine Entzündung in den Adduktoren hat kein richtiges Lauftraining zugelassen. Zuletzt konnte ich eine komplette Trainingswoche mit einem längeren Lauf über anderthalb Stunden komplett schmerzfrei absolvieren. Ich fühle mich fit, habe aber nicht das Fitnesslevel wie auf Hawaii[2]. Daher muss ich in dem Starterfeld eher kleine Brötchen backen. Es gibt 15 Kandidaten fürs Podium. Kristian Blummenfelt hat jedes Rennen in dieser Saison gewonnen, Magnus Ditlev ist wirklich eine Maschine – und mein Schrecken aus Roth.

Für den Sieg kommen Sie nicht infrage?

Frankfurt ist der einzige Triathlon auf der Welt, dessen Code ich noch nicht geknackt habe, meine Erwartungshaltung ist gedämpft. Wenn ich ums Podium mitkämpfen kann, wäre das eine Überraschung. Mein wichtigstes Rennen ist die Ironman-WM[3] am 14. September in Nizza. Dafür werde ich in Frankfurt keine Verletzung riskieren, nur um ins Ziel zu kommen.

Gibt es Gründe für den Frankfurt-Fluch?

Natürlich kann man das analysieren: 2017 war ich verletzt, 2018 war ich zwar auf dem Podium, habe aber Fehler bei der Ernährung gemacht, sodass mich Jan Frodeno[4] damals aufgefangen hat. 2019 war die Geschichte mit meiner Mutter (verstarb 2020 an Krebs, Anm. d. Red.). 2024 war es arschkalt, also gar nicht meine Bedingungen. Ich habe oft genug unter Beweis gestellt, dass ich es besser machen kann. Ich versuche, ganz locker damit umzugehen.

Machen Sie dafür etwas anders?

Wir haben uns Gedanken gemacht, was wir in Frankfurt verändern. Ich war vor drei Wochen vor Ort und habe mir alles noch mal in Ruhe angesehen. Das fängt schon am Langener Waldsee an: Ich habe mich dort im Vorjahr mitten reingestellt, bin dann beim Start als kleinerer Athlet von den Größeren überrannt worden und in die Wachmaschine gekommen. Ich habe das Rennen damals auf den ersten 20 Metern schon verloren. Jetzt weiß ich, wo ich mich hinstelle und wie ich die erste Boje anschwimme. Ich werde diesmal auch nicht im Athletenhotel in Frankfurt sein, sondern habe mir eine Wohnung in Langen gemietet. Dort bin ich mit meiner Frau Julia, meinem Physiotherapeuten Andreas Gilglmayr und meinem Trainer Ben Rezel. Alles so ein bisschen wie auf Hawaii[5].

Nach Ihrem nunmehr dritten WM-Titel im vergangenen Oktober auf Hawaii[6] war ja wieder eine Menge los. Wie haben Sie das verarbeitet?

Nach meinem zweiten Hawaii-Sieg im Jahr 2018 bin ich wirklich in ein mentales Loch gefallen – diesmal bin ich deutlich besser damit umgegangen. Es sind wahnsinnig viele Anfragen reingekommen. Die Hütte hat echt gebrannt. Wir haben versucht, viele Menschen außerhalb des Triathlons zu erreichen. Ich möchte, dass die Sportart größer wird. Das ruhige Ausdauertraining im Dezember hat mir durch die vielen PR-Termine diesmal gefehlt, vermutlich habe ich so auch die Verletzung provoziert, aber ich bereue nichts.

Was sind Ihre Zukunftspläne?

Ich bin heilfroh, dass der Ironman für die Weltmeisterschaften an seine Wurzeln nach Hawaii zurückkehrt. Mit Frauen und Männern. Es war doch immer das Rennen, das Triathleten wie Jan Frodeno oder mich zu Höchstleistungen[7] angetrieben hat. 2026 will ich dort definitiv starten. Wenn ich aber irgendwann meine Karriere beende, soll das in Deutschland sein. Aber bis dahin sind noch ein paar Jahre Zeit (lacht).

In Frankfurt starten einige interessante Newcomer aus Deutschland: Jonas Schomburg ist Dritter beim Ironman Südafrika geworden. Wächst da vielleicht ein Nachfolger heran?

Er ist sicherlich der interessanteste Triathlet, der da hochkommt. Er bringt eine enorme Angangsgeschwindigkeit mit. Es ist cool, wie er mit offenem Visier die Rennen angeht. Das wird spannend. Gut zu sehen, dass wir uns um die nächste Generation starker deutscher Langdistanztriathleten keine Sorgen machen müssen. Solange ich fit bin, versuche ich ihnen das Leben so schwer wie möglich zu machen.

Woher kommt bei Ihnen immer noch dieser ständige Antrieb?

Talent ist in unserem Sport das eine, aber sich jeden Tag auf gut Deutsch den Hintern aufzureißen, das andere. Wenn man den Antrieb nicht mehr spürt, muss man die Reißleine ziehen. Wer nur ein, zwei Prozent an Leidenschaft verliert, kann es sein lassen. Man sieht ja, wie dichtgepackt, wie schnell unsere Rennen geworden sind. Ich habe noch mächtig Bock – und schnell bin ich ja auch noch.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1191601.spaeteinsteiger-triathlon-wir-koennen-ein-leben-lang-trainieren.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1167503.triathlon-kritik-am-kommerz.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1177007.ironman-wm-auf-hawaii-wm-medaillen-fuer-triathletinnen-anne-haug-und-laura-philipp.html
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1154642.die-grenzen-im-triathlon-verschoben.html
  5. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1167532.triathlon-eine-andere-stratosphaere.html
  6. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1186317.hawaii-ironman-patrick-lange-triumphiert-mit-sagenhaftem-streckenrekord.html
  7. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1184707.challenge-deichmann-knackt-triathlon-weltrekord-jeden-tag-ein-ironman.html