Nach dem Sturm kommt die Hitze. In der vergangenen Woche führten gleich zweimal Stürme zu drastischen Einschränkungen: Die S-Bahnen fielen aus, weil Bäume auf die Gleise stürzten. Wie die Berliner Forsten mitteilen, wurden im Bereich Tegeler Forst Tausende Bäume entwurzelt oder sind umgeknickt. Die Aufräumarbeiten werden voraussichtlich Wochen in Anspruch nehmen. Als Ort der Abkühlung fällt der Forst erst mal aus: Zumindest über das Wochenende blieb der Wald gesperrt. Kommende Woche kommt aber gleich das nächste Extremwetter. Wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) mitteilt, bringt Hoch Anita zur Wochenmitte bis zu 35 Grad. »Das ist schon eine Hausnummer«, so Martin Jonas vom DWD.
Die Hitze wird aber nicht nur draußen zum Problem[1]. Auch in manchen Wohnungen wird es schwierig, mit solchen Temperaturen umzugehen. Die wohnungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Katrin Schmidberger, hat deshalb den Senat gefragt, welche Hitzeschutzmaßnahmen die sechs Landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU) ergreifen. »Unsere Stadt heizt sich massiv auf im Sommer«, so die Grünen-Politikerin. Immer mehr Berliner*innen würden unter den heißen Tagen und Nächten leiden. »Vor allem einkommensschwache Haushalte in der Innenstadt sind betroffen.«
Hitzeschutz stelle eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar, die alle Lebensbereiche berühre – auch das Wohnen, so die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Wo genau der Schuh drückt, wird aber nicht erfasst. Denn wie viele Wohnungen im Bestand der LWU insgesamt hitzebelastet sind, ist unklar. Ledigliche die Degewo gibt an, dass rund 5400 Wohnungen von fast 82 000 Wohnungen als hitzebelastet gelten. Nicht systematisch erfasst wird außerdem die Zahl der Beschwerden wegen Hitzeüberlastung bei den LWU. Eine Auswertung zu ergriffenen Maßnahmen und zu etwaigen Mietminderungen fehle, so der Senat.
Während im Neubau Hitzeschutz mittels zahlreicher Vorgaben bereits umgesetzt wird[2], sind es vor allem Bestandsbauten, in denen Maßnahmen vorgenommen werden müssen, um die Mieter*innen zu schützen. Neben Arbeiten an den Gebäuden selbst, wie energetischen Sanierungen, heller Fassadenfarbe oder Außenjalousien, sind auch Maßnahmen im Wohnumfeld[3] nötig. Dazu gehören Flächenentsiegelung oder auch die Schaffung klimagerechter Grünflächen.
Die LWU nehmen solche Maßnahmen vor, vor allem bei Gebäudesanierungen im Rahmen des klimagerechten Umbaus. Aber auch Pilotprojekte werden umgesetzt. Die Degewo etwa hat in Marzahn begrünte Pergolen aus Stahl sowie permanente Sonnenschirme und Sonnensegel über Spielflächen errichtet. Die Gewobag achtet nach eigenen Angaben bei der Gestaltung von Außenanlagen darauf, nicht nur heimische, sondern auch robuste und klimaangepasste Arten zu verwenden. Diese brauchen weniger Pflege.
Ein weiterer Baustein, um Gebäude hitzeresistenter zu machen, ist die Dach- und Fassadenbegrünung[4]. Diese wirken wie eine natürlich Klimaanlage. Sie dämmen zusätzlich. Außerdem speichern sie Wasser: Wenn es verdunstet, hat es einen kühlenden Effekt. Bei Neubauprojekten sieht die Landesbauordnung eine solche Dachbegrünung vor. Aber auch im Bestand ist es möglich, eine solche nachträglich aufzubringen. Das fördert das Land Berlin mit dem Programm Gründach Plus. Seit 2023 stehen jährlich 900 000 Euro Fördermittel zur Verfügung. 373 544 Euro haben die LWU davon im Jahr 2024 beansprucht.
Wohnungspolitikerin Schmidberger kritisiert, dass es bislang keine systematische Strategie, keine umfassende Datenerhebung und kaum klare Zielvorgaben für die landeseigenen Wohnungsunternehmen gebe. »Beim Hitzeschutz im landeseigenen Wohnungsbestand fehlt es an Verbindlichkeit und Tempo.« Dass nur die Degewo erfasst habe, wie viele Haushalte in hitzebelasteten Wohnungen leben, zeige, dass wir hier dringend genauer hinschauen müssen, so die Grünen-Politikerin. Sie fordert deswegen ein flächendeckendes, verpflichtendes Hitzeschutzprogramm für den gesamten Landeswohnungsbestand. Das Programm Gründach Plus müsse ausgebaut und stärker genutzt werden. »Auch Mieter*innen auf dem freien Markt müssen mehr geschützt werden«, so Schmidberger. »Wer bezahlbares Wohnen sichern will, muss auch für klimatische Sicherheit in den Wohnungen sorgen.«