nd-aktuell.de / 30.06.2025 / Politik

Grüne wollen Aufrüstung besser erklären

Fraktionschefinnen legen Strategiepapier vor, in dem sie Vorschläge machen, wie man das Image der »Elite-Partei« loswerden kann

Jana Frielinghaus
Haben für die Klausur vorgelegt: Die Grünen-Fraktionschefinnen Britta Haßelmann (l.) und Katharina Dröge am Montag in Berlin
Haben für die Klausur vorgelegt: Die Grünen-Fraktionschefinnen Britta Haßelmann (l.) und Katharina Dröge am Montag in Berlin

Die Grünen[1] haben bei der vorgezogenen Bundestagswahl vor allem Stimmen an Die Linke[2] verloren. Ein wesentlicher Grund dürfte ihr Einknicken vor dem rechten Zeitgeist in der Asylpolitik[3] gewesen sein. Die Partei kam bei der Abstimmung am 23. Februar auf 11,6 Prozent – ein Verlust von 3,1 Prozentpunkten gegenüber 2021.

Auf einer zweitägigen Klausur will sich der Vorstand ihrer Bundestagsfraktion über Gründe und mögliche Konsequenzen daraus verständigen. Die Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge und Britta Haßelmann legten vorab ein Strategiepapier vor, in dem sie eine Bilanz der Regierungszeit in der Ampel-Koalition ziehen. Das Dokument, das die Fraktion am Montag veröffentlichte, soll als Diskussionsgrundlage dafür dienen. Es müsse zu denken geben, dass »das Zerrbild der alltagsfernen Elite-Partei« verfange, schreiben sie darin.

An erster Stelle erklären sie jedoch, das Land sei in ihrer dreijährigen Regierungszeit »klimafreundlicher, gerechter und fortschrittlicher« geworden. Unmittelbar vor Klausurbeginn sagte Dröge am Montag in Berlin, die Grünen hätten viel erreicht und müssten »mit Selbstbewusstsein nach vorne gehen«.

Die Fraktionschefinnen konstatieren, ihre Partei werde mit »großen Zukunftsfragen wie Klimaschutz, Verteidigung der Demokratie, Krieg und Frieden[4]« verbunden. Sie habe sich in den vergangenen Jahren zwar für viele soziale Themen eingesetzt. Beim Alltag der Menschen aber denke »man weniger an uns«. Das müsse die Partei ändern. »Denn miese Schulklos, undichte Turnhallen, der Bus auf dem Dorf, der nicht kommt, die Kita, die wegen Personalmangels geschlossen ist, dass Oma von ihrer Rente nicht leben kann – all das ist Alltag in Deutschland. Und das ist genauso wichtig wie die Weltlage.«

»Soziale Themen sind grüne Herzensthemen. Und doch verfängt zu oft noch das Zerrbild der alltagsfernen Elite-Partei.«

Katharina Dröge, Britta Haßelmann
Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion

Die Politikerinnen finden insgesamt jedoch, dass vor allem die politische Konkurrenz schuld an den Verlusten der Partei ist. Insbesondere CDU und CSU hätten »mit Scheindebatten und Fake News Stimmung« gegen die Grünen gemacht. So hätten sie Kampagnen um einen »frei erfundenen Genderzwang« und einen »niemals geplanten Wärmepumpenzwang« geführt.

Als hausgemacht sehen die Politikerinnen lediglich eine gewisse Schwäche beim Erklären des eigenen Agierens, etwa was den verteidigungspolitischen Kurs betrifft. Den finden Haßelmann und Dröge selbstverständlich richtig, denn »Frieden, Sicherheit und Freiheit« seien »so bedroht wie lange nicht«. Robert Habeck hatte im Januar, noch als Wirtschaftsminister, eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben von knapp zwei auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gefordert[5]. »Wir hätten aber beim Ringen um den besten Weg die Diskussion nicht so sehr auf einzelne Waffensysteme verengen sollen«, schreiben Dröge und Haßelmann. Insbesondere der Außenpolitiker Anton Hofreiter hatte immer wieder vehement die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine gefordert.

Kritisch sehen die Politikerinnen auch die Kommunikation zum Heizungsgesetz, das man »anders vorbereiten, anders diskutieren« hätte müssen. Denn vielen Menschen sei nicht klar geworden, »worum es eigentlich geht und wie es für sie funktionieren kann«. Dröge sagte am Montag, die Grünen müssten zunächst ihre »Haltung zu dem Thema Veränderung klären«. Sie müssten klar aussprechen, dass durch Klimaschutz nicht alle Branchen gewinnen. Einige Geschäftsmodelle wie die Energieerzeugung mit fossilen Trägern hätten keine Zukunft.

Im Papier heißt es, die Analyse der Fehler der Ampel-Zeit sei notwendig, damit es »2029 eine progressive Mehrheit« gebe und damit die Möglichkeit für die Grünen, sich wieder an einer »progressiven Regierung« zu beteiligen.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189997.die-gruenen-baerbocks-feministische-machtpolitik.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189475.linke-wahlerfolge-linke-wenn-klare-haltung-mal-belohnt-wird.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1188709.verschaerfungen-in-der-asylpolitik-erfolg-der-hardliner.html
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189793.aufruestung-gruene-zurueck-in-reih-und-glied.html
  5. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1187984.aufruestung-der-bundeswehr-habeck-fordert-mehr-geld-fuers-militaer.html