Jedes neue Jahr ist wärmer als das vorherige. Und die Temperatur der Weltmeere, die bislang die Erderwärmung abschwächten, weil sie einen Großteil der Wärme aufgenommen haben, steigt dramatisch, so dass Wissenschaftler*innen wohl ihre Klimamodelle revidieren müssen. Die Konzentration von klimaschädlichen Gasen steigt in Folge der Verbrennung fossiler Energie wie Kohle, Erdöl und Erdgas sowie den wachsenden Fleischkonsum und der Vernichtung von Wald zu Gunsten von Weide- und Agrarfläche immer weiter an.
Rund um den Globus häufen sich wegen der Erderwärmung Extremwetterereignisse. Hitzewellen, wie wir sie gegenwärtig erleben, sind tödlich. Allein 2024 und 2023 starben jeweils 3000 Menschen in Europa in Folge großer Hitze. Auch dieses Jahr werden wieder Menschen sterben, vor allem alte und gesundheitlich beeinträchtige Menschen in den Städten, wo wenige Bäume Schatten spenden, weil Straßen und Parkplätze für Autos weiter Vorrang haben.
Die Deutschen scheint die Klimakrise nicht weiter zu kümmern. Nur noch 41 Prozent der Bevölkerung ist der Meinung, dass Deutschland mehr für Klimaschutz tun sollte. In der von dem Marktforschungsunternehmen Ipsos in 32 Ländern durchgeführten Studie sind die Deutschen damit auf dem letzten Platz. Hinter Ungarn, der Türkei und den USA.
Wie ist das zu erklären? Eine Mehrheit der Deutschen hat sich offenbar in einer Lüge eingerichtet, dass Deutschland ein Klimavorreiter sei, was man an den vielen Windrädern und Photovoltaikanlagen doch sehen könne. Chinesen, Inder, US-Amerikaner seien nun erst einmal an der Reihe mit dem Klimaschutz.
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Der deutsche Selbstbetrug beherrschte auch den vergangenen Bundestagswahlkampf. Die Klimakrise spielte keine Rolle, und die Grünen waren die Looser. Dass Deutschland ein klimapolitischer Sünder ist, dass die CO2 Emissionen in Deutschland pro Kopf 10,3 Tonnen, im Vereinigten Königreich aber nur 5,5 Tonnen und in Frankreich nur 4,1 Tonnen betragen, wird ignoriert.
Die Bundesregierung kann sich in ihrem postfaktischen Kurs auf eine Mehrheit der Deutschen stützen, die einerseits glaubt, dass man schon so viel für das Klima gemacht hat und andererseits nicht mehr glauben will, dass weitere klimapolitische Anstrengungen sinnvoll sind. So bezweifeln 42 Prozent der Bundesbürger, dass sich die Energiewende positiv auf die Anzahl der Arbeitsplätze auswirkt. Und jeder zweite Deutsche findet, dass Elektroautos genauso schlecht für die Umwelt sind wie Verbrenner.
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Eine Mehrheit will ganz offenbar, dass alles so bleibt, wie es ist und freut sich, dass das Verbrennerauto doch nicht aus der Mode kommt. In Dänemark beispielsweise liegt inzwischen der Anteil an reinen Elektroautos bei den Neuzulassungen bei 51,5 Prozent (2024). Und im für die deutsche Automobilwirtschaft wichtigsten Absatzmarkt China liegt der Anteil bei 30 Prozent.
Ob Berlin, Hamburg oder München – deutsche Städte sind zu Automobilmuseen für schwere Diesel- und Benzinautos geworden. Touristen mögen diese Eigenart bestaunen. Sicher ist, dass die Deutschen für ihre klimapolitische Unaufrichtigkeit einen Preis bezahlen werden – so oder so.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192309.klima-der-deutsche-selbstbetrug-in-der-klimakrise.html