Kaum jemand hat geglaubt, dass die Umweltschützerin und Ex-Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete, die im Mai vergangenen Jahres auf dem Linke-Ticket ins Europaparlament eingezogen ist[1], dort auf der richtigen Brücke war. Dass sie hartleibige Dokumente studiert, Amendments ausarbeitet, Plenarreden mit Drei-Minuten-Vorgabe hält. Sie selbst hat wohl ebenfalls mit der »klassischen« Parlamentsarbeit gehadert – und immer wieder ihre Erdung in den außerparlamentarischen Bewegungen betont.
Dass sie, die Aktivistin, für eine Partei, eben Die Linke, kandidierte, war trotzdem ein starkes Signal: An die nationale und europäische Politik, dass die Linkspartei die Themen Flucht und Migration noch stärker in die Parlamente einbringen wird. An die sozialen Bewegungen, dass sie mit der parlamentarischen Linken eine starke Partnerin hat. An die breite Öffentlichkeit, dass fortschrittliche Politik nicht nur Domäne von Parteien ist.
Natürlich: Racketes Engagement zur Rettung von Geflüchteten verdient höchste Anerkennung. Sie hat der Politik der deutschen Linkspartei in der Migrationspolitik ein – bekanntes – Gesicht gegeben. Allerdings wurde sie damit auch in die Rolle einer Galionsfigur gerückt, in der sie sich selbst nie sah. Die Themen der studierten Naturschutzökologin waren eben in erster Linie Naturschutz und Ökologie und damit verbundene Aspekte – wie die dringend benötigte Reform der EU-Agrarpolitik[2]. Diese Arbeit allerdings war eher sachlich und ruhig; die breite Öffentlichkeit nahm davon kaum Notiz. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird sich Carola Rackete diesen Aufgaben weiter widmen, sicher auf den Brücken echter Schiffe.