Schwere Geburt

Ulrike Henning über das Fremdeln mit der ePA

Wer in Zukunft seine ePA selbst am heimischen PC verwalten will, braucht ein Lesegerät für die Versicherungskarte.
Wer in Zukunft seine ePA selbst am heimischen PC verwalten will, braucht ein Lesegerät für die Versicherungskarte.

Mit der elektronischen Patientenakte (ePA) geht es immer noch so langsam voran, dass man von einer schweren Geburt sprechen kann. Inzwischen ist Technisches zwar grundsätzlich geklärt – aber wohl immer noch nicht so zufriedenstellend, dass alle Beteiligten voller Begeisterung so oft wie möglich in die Akte schauen. Oder dass in den Arztpraxen nun ein großer Teil Arbeit einfach wegfällt. Von den Praxen, Kliniken und Apotheken – insgesamt an die 160 000 Einrichtungen – machen bislang 70 000 Einrichtungen mit.

Das Zögern hat auch damit zu tun, dass sich für jeden Versicherten eine Einrichtung für die relativ aufwendige »Erstbefüllung« finden muss. Davor schrecken auch niedergelassene Ärzte noch zurück, obwohl sie wissen, dass die Nutzung ab Oktober zur Pflicht wird. Wer die Wahl hat, sollte wohl Anfang Oktober eher keinen Arzttermin vereinbaren, es könnte zu zusätzlichen Wartezeiten kommen.

Der Patientennutzen ist bei der inzwischen verbesserten ePA nicht mehr ganz so die saure Traube. Zwar können nun Befunde für ausgewählte Arztpraxen gesperrt werden, was bislang so differenziert nicht möglich war. Die Frage ist nur, ob sich Patienten damit wirklich einen Gefallen tun. Dabei kann es leicht dazu kommen, dass eben doch Doppeluntersuchungen gemacht werden – das, was eigentlich mit der Akte vermieden werden sollte.

Ärgerlich ist trotzdem, dass für den Blick in die eigene Akte und für deren Verwaltung am PC nun auch noch ein Lesegerät nötig ist. Nur in der App auf dem Smartphone ist es einfacher, aber auch hier müssen sich die Versicherten bei ihrer Krankenkasse zunächst identifizieren und freischalten lassen. Noch nicht abrufbar sind Unterlagen wie Impfpass, Bonushefte oder Röntgenaufnahmen. Solange aber Befunde noch per Postbrief versandt oder dem Patienten auch gern ausgedruckt werden, ist die ePA weiterhin ein uneingelöstes Versprechen und für viele Versicherte schlicht so überflüssig wie manche Kundenkarte.

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