nd-aktuell.de / 22.07.2025 / Kommentare

Eine Steilvorlage für Merz

Jana Frielinghaus über die neuesten Kürzungsvorschläge für ältere Erwerbslose

Jana Frielinghaus
Schmelzende Scheine statt Eiscreme: Das Institut der deutschen Wirtschaft will wieder bei den Ärmsten »sparen«.
Schmelzende Scheine statt Eiscreme: Das Institut der deutschen Wirtschaft will wieder bei den Ärmsten »sparen«.

Eigentlich gehören Sozialkürzungsvorschläge von unternehmernahen Ökonomen zum Sommer wie schmelzende Eiscreme. Am Dienstag legte das Institut der deutschen Wirtschaft eine Studie vor, der zufolge das Bundessozialministerium jährlich zwei Milliarden Euro »sparen« kann, wenn das Arbeitslosengeld einheitlich nur maximal für ein Jahr gezahlt wird. Also kürzen bei den Alten, die damit derzeit noch maximal zwei Jahre bis zur Rente überbrücken können. Geht es nach den IW-Experten, fallen die Betroffenen ruckzuck ins Bürgergeld, also das kleingerechnete Existenzminimum.

Doch wäre eine solche Enteignungsidee bis vor kurzem von der Politik kühl zurückgewiesen worden, dürfte die von Friedrich Merz angeführte Regierung sie wohlwollend zur Kenntnis nehmen. Denn der Kanzler ist bekanntlich auf der Suche nach den Milliarden, die man im Haushalt des Sozialministeriums zugunsten von Hunderten Milliarden[1] schweren Aufrüstungs- und Infrastruktursondertöpfen kürzen kann. Durch rechtskonforme Bestrafung von »Verweigerern« im Bürgergeld ist schließlich kaum was zu holen.

Auch die bei den Alten kürzbaren Summen wären da nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Aber bei ihnen Existenzängste zu schüren, hilft auch weiter. Schließlich ruft der Chef der Arbeitgeberverbände nach »motivierten« Malochern. Denn inzwischen ist man dank Fachkräftemangel in den Führungsetagen wieder an den Erfahrenen interessiert, deren Stellen man sonst gerne zwecks Renditesteigerung strich und sie in die Arbeitslosigkeit schickte[2].

Kontext: Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft schlägt in einer Studie eine einheitliche Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes vor. Dies ginge zu Lasten von älteren Arbeitslosen ab 50 Jahren. Einsparen ließen sich durch eine derartige Maßnahme demzufolge zwei Milliarden Euro pro Jahr. Menschen bis zum Alter von 49 Jahren erhalten derzeit, wenn sie arbeitslos werden, maximal zwölf Monate lang Arbeitslosengeld (ALG I). Ab einem Alter von 50 Jahren haben Arbeitslose dann Anspruch auf 15 Monate, ab 55 Jahren auf 18 Monate und ab 58 Jahren auf 24 Monate Arbeitslosengeld. Nach Ablauf dieser Fristen erhalten die Betroffenen dann Bürgergeld. Für die Milliardeneinsparungen schlagen die Studienautoren vor, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes auf zwölf Monate für alle Altersgruppen zu vereinheitichen. nd

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192134.bundeshaushalt-haushaltsplaene-des-bundes-rekordverschuldung-fuer-die-truppe.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1191624.wirtschaft-zahl-der-firmeninsolvenzen-und-arbeitslosen-steigt.html