nd-aktuell.de / 28.07.2025 / Politik

Israelischem Rüstungskonzern droht Verlust von EU-Fördergeldern

Der Drohnenhersteller Rafael hatte mit Video zur Tötung eines Unbewaffneten in Gaza geworben

Matthias Monroy
Drohnenhersteller Rafael – Israelischem Rüstungskonzern droht Verlust von EU-Fördergeldern

Die Europäische Kommission hat eine Ethikprüfung eingeleitet, nachdem der staatseigene israelische Rüstungskonzern Rafael ein kontroverses Werbevideo auf der Plattform X veröffentlicht hatte. Die am 7. Juli publizierte Sequenz zeigt, wie eine kleine Kamikazedrohne des Unternehmens einen unbewaffneten Mann auf einer Straße im nördlichen Gazastreifen getötet hat. Nach heftigen Protesten in den sozialen Medien löschte Rafael das Video mit der Spike Firefly wieder – jedoch wurde es von Nutzer*innen heruntergeladen und weiterverbreitet[1].

Über den Vorfall berichtet das Internetmagazin »EU Observer«. Rafael hatte 2023 insgesamt 442 750 Euro aus EU-Mitteln für ein Projekt zur »Unterwassersicherheit«[2] mit rein »zivilen Anwendungen« erhalten. Die Förderung stammte aus dem Forschungsrahmenprogramm Horizont Europa.

Ein Sprecher der EU-Kommission bestätigte dem Magazin, dass man den Fall an die unabhängige Ethikberaterin des Horizont-Europa-Programms weitergeleitet habe. Sie soll nun bewerten, ob Rafael gegen die Bestimmungen des Fördervertrags verstoßen hat, die Empfänger zur Einhaltung »aller anwendbaren rechtlichen Verpflichtungen nach EU-, internationalem und nationalem Recht« sowie zur Wahrung »grundlegender EU-Werte« verpflichten.

»Falls Hinweise auf Nichteinhaltung im Rahmen der Maßnahme auftreten, werden alle angemessenen Schritte eingeleitet, einschließlich der Möglichkeit, die bewilligte Förderung vollständig oder teilweise vom Empfänger zurückzufordern«, erklärte der Kommissionsvertreter. Aus demselben Projekt wurden auch das israelische Verteidigungsministerium mit 100 000 Euro und die Universität Tel Aviv mit 299 000 Euro gefördert.

Rafael ist ein Hauptauftragnehmer des israelischen Verteidigungsministeriums, international bekannt ist die Firma als Hersteller des »Iron Dome« zur Abwehr von Raketen. Militärische Ausrüstung von Rafael wird auch im Gaza-Krieg eingesetzt. Seit dem Einmarsch Israels in den palästinensischen Küstenstreifen im Oktober 2023 verzeichnete Rafael im vergangenen Jahr einen Umsatzanstieg von 27 Prozent.

Die EU-Kommission wollte nicht mitteilen, ob andere israelische Rüstungsunternehmen Horizont-Europa-Gelder erhalten. Eine Untersuchung des »EU Observer« vom Juni hatte bereits gezeigt, dass ein weiterer israelischer Drohnenhersteller, Israel Aerospace Industries, Millionen von Euro aus dem Europäischen Verteidigungsfonds erhalten hatte – außerdem hat die EU-Grenzagentur Frontex zwei große Drohnen dieses Herstellers geleast[3].

Fünf italienische Abgeordnete der Linken und Grünen im Europaparlament haben die Kommission in einem Brief aufgefordert, zu prüfen, ob Rafael von künftigen EU-finanzierten Forschungsaktivitäten ausgeschlossen werden soll.

Kritik äußerten laut dem »EU Observer« vorvergangene Woche auch sieben Wissenschaftler*innen von britischen und italienischen Universitäten. Demnach wurden Rafaels Drohnensysteme auch bei einem israelischen Angriff im April 2024 eingesetzt, bei dem sieben Mitarbeiter der US-Hilfsorganisation World Central Kitchen getötet wurden – obwohl ihr Konvoi vorher angemeldet und deutlich zu erkennen gewesen war. Die Finanzierung eines Partners, der direkt an Kriegsverbrechen beteiligt ist, könne laut den Wissenschaftler*innen »schwerwiegende Verantwortlichkeitsfolgen« für die EU-Kommission haben.

Links:

  1. https://x.com/MiddleEastEye/status/1944441259755479399
  2. https://cordis.europa.eu/project/id/101121288/de
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1190562.migrationsabwehr-frontex-weitet-drohneneinsaetze-deutlich-aus.html