Berlins Regierender Bürgermeister macht Druck in Sachen Tempelhofer Feld. »Meine Zielrichtung ist, dass wir vielleicht schon 2026 die Berliner befragen können, wie sie sich diesen Ort wünschen«, sagte Kai Wegner der Zeitung »B.Z.«. »Dann muss es sehr schnell in die Planung gehen.« Man habe zu wenig Wohnungen in der Stadt, deswegen müsse man die Flächen nutzen, so der CDU-Politiker weiter.
Wegner und die schwarz-rote Regierungskoalition sind Befürworter einer Bebauung des ehemaligen Flughafengeländes zwischen den Bezirken Neukölln und Tempelhof-Schöneberg. Allerdings haben die Berliner*innen 2014 per Volksentscheid das Tempelhofer-Feld-Gesetz beschlossen, das eine Bebauung ausschließt. Für bauliche Veränderungen des Feldes braucht es eine Änderung dieses Gesetzes. »Meinungen können sich aber auch verändern. Es braucht eine erneute Befragung der Berliner«, so Wegner.
Ende Juni hatte der Senat die Ergebnisse eines eigentlich unverbindlichen Architektur-Ideenwettbewerbs[1] vorgestellt. Vier der sechs Gewinner-Entwürfe sehen keine Bebauung vor. In einer Erklärung hatten die Urheber dieser Entwürfe gesagt, ihre Entwürfe dürften nicht als Vorwand genutzt werden, um eine Randbebauung auf dem Feld[2] durchzusetzen. Die zwei Entwürfe, die eine Bebauung vorsehen, zeigen, in welche Richtung es gehen könnte. Beide sehen eine Bebauung am südlichen und westlichen Ende des Areals vor.
Auch aus der vom Senat ins Leben gerufenen Dialogwerkstatt, in der 275 ausgeloste Berliner*innen über die Zukunft des Tempelhofer Feldes und die Entwürfe aus dem Ideenwettbewerb diskutieren konnten, kam nach der letzten Zusammenkunft Kritik. »Wir befürchten, dass unser Engagement im Dialogprozess dazu missbraucht wird, um eine Bürgerbeteiligung vorzutäuschen«, hieß es in einer von der Organisation Architects 4 THF initiierten Erklärung, die von rund der Hälfte der Anwesenden unterzeichnet wurde.
Die oppositionellen Grünen kritisieren Wegners Äußerungen. Dass der Senat das Tempelhofer Feld immer wieder für die Lösung der Wohnungskrise ins Spiel bringe, sei ein »Ablenkungsmanöver«, sagt der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Julian Schwarze, im Gespräch mit »nd«. »An anderen Stellen geht es einfach nicht weiter: beim Schumacher-Quartier, beim Molkenmarkt und auch bei Bebauungsplänen, die der Senat an sich gezogen hat. Mit solchen Vorstößen versucht der Senat zu vertuschen, dass er seine Hausaufgaben nicht macht.« Für Wohnungsneubau gebe es in der Stadt ausreichend weitere Flächen.
»Außerdem stellt sich die Frage: Wie soll so eine Befragung der Berliner*innen aussehen?«, so Schwarze weiter. Schon die Dialogwerkstatt sei als »kleines Berlin« gepriesen worden, aber sobald sich deren Mehrheit gegen eine Bebauung ausgesprochen habe, sei ihre Bedeutung heruntergespielt worden. »Der Eindruck entsteht, dass so lange unverbindlich abgestimmt werden soll, bis das Ergebnis stimmt.« Eine verbindliche Befragung könne der Senat sowieso nicht initiieren. »Für einen ›Volksentscheid von oben‹, wie er von der SPD[3] letztes Jahr ins Spiel gebracht wurde, bräuchte es eine Verfassungsänderung. Und dafür hat der Senat keine Mehrheit.«