nd-aktuell.de / 11.08.2025 / Wirtschaft und Umwelt

Verdammt viel ist doch zu wenig

Trotz der Sondervermögen bleibt der finanzielle Spielraum der Bundesregierung eng

Hermannus Pfeiffer
Der Bundesfinanzminister und sein Chef
Der Bundesfinanzminister und sein Chef

Der finanzielle Spielraum von Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) ist klein – trotz eines Rekordhaushalts von 520 Milliarden Euro für 2026. So wies der Bundesrechnungshof darauf hin, dass der Haushalt »weitgehend versteinert« ist. Die Regierung könne mittlerweile nur noch über zehn Prozent des Etats frei verfügen. Alles andere sei aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen, langfristiger politischer Zusagen sowie durch Personal- und Pensionszahlungen bereits gebunden. So gibt der Bund doppelt so viel Geld für Renten aus wie für Investitionen. 

Im vergangenen Jahr zahlte der Bund beispielsweise an die Deutsche Rentenversicherung insgesamt 117,9 Milliarden Euro. Diese Bundeszuschüsse sollen »nicht beitragsgedeckte Leistungen« abdecken, die von Regierung und Parlament einst beschlossen und an die Rentenversicherung delegiert wurden. Hierzu zählen etwa eine höhere Bewertung von Rentenzeiten in den neuen Bundesländern und die rentensteigernde Berücksichtigung von Zeiten des Mutterschutzes (»Mütterrente«)[1].

Insgesamt sind im Regierungsentwurf 2026 für Arbeit und Soziales 197,4 Milliarden Euro vorgesehen. Während dies ein leichtes Plus von 3,7 Prozent bedeutet, steigt der Rüstungshaushalt um mehr als 32 Prozent. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) soll über 82,7 Milliarden Euro verfügen dürfen. In den kommenden Jahren wird sein Etat noch weiter aufgestockt. Dabei werden nach Angaben des unternehmernahen Instituts der deutschen Wirtschaft rekordverdächtige zwei Drittel durch Kredite finanziert. Gelder für arme Länder im globalen Süden werden 2026 dagegen noch weniger bereitstehen. 

Die zunehmende Staatsverschuldung gibt es nicht umsonst. Die Zinsausgaben betragen allein im kommenden Jahr 30,3 Milliarden Euro. Doch die »Nettokreditaufnahme«, mit der die Lücke zwischen regulären Einnahmen und Ausgaben geschlossen wird, soll steigen: 2029 werden die Zinsausgaben laut mittelfristiger Finanzplanung, die ebenfalls von der Bundesregierung jetzt auf den Weg gebracht wurde, schon 66,5 Milliarden Euro betragen.

Trotz der eingeplanten Neuverschuldung klafft in den Jahren 2027 bis 2029 eine Haushaltslücke. Um diese zu schließen, hoffen die Koalitionäre von CDU/CSU und SPD auf eine Erholung der Wirtschaft. Doch erst einmal zeigt sich die Rezession schwerer als bislang angenommen. Im Zuge der Schätzung für das zweite Quartal hat das Statistische Bundesamt turnusmäßig seine längerfristigen Daten revidiert – mit Folgen für den Haushalt.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist 2023 gegenüber dem Vorjahr um 0,9 Prozent gesunken (bislang 0,3 Prozent). 2024 schrumpfte Europas größte Volkswirtschaft ebenfalls stärker als bislang angenommen, und zwar um 0,5 und nicht um 0,2 Prozent wie prognostiziert. Deutschland steht nun sogar vor dem dritten Rezessionsjahr in Folge. Was die Staatsfinanzen doppelt trifft: Die Steuereinahmen sinken und Sozialausgaben steigen. Der finanzielle Spielraum der Regierung wird also noch enger. 

Zur finanzpolitischen Wende soll indes der »Investitionsbooster« beitragen. [2]Im Juli machte der Bundesrat den Weg frei für das Paket mit milliardenschweren Steuerentlastungen für Unternehmen in den kommenden Jahren. Diese seien dringend nötig, um wieder für Wachstum zu sorgen, meint Kanzler Friedrich Merz (CDU). Aber erst einmal wird der Investitions-Verstärker den Bundeshaushalt belasten – die erwarteten Steuerausfälle für Bund, Länder und Kommunen werden bis 2029 auf mehr als 48 Milliarden Euro beziffert.

Einnahmen und Ausgaben des Bundes sind normalerweise Teil des Bundeshaushalts, welcher der sogenannten Schuldenbremse unterliegt. Außerhalb des regulären Haushaltes laufen allerdings mittlerweile zwei Dutzend »Sondervermögen«. Aber auch bei diesen greifen in der Regel die Regeln zur Eindämmung der Neuverschuldung im Grundgesetz. Das gilt zumindest für den Bundesanteil des im März 2025 mit den Stimmen von Union, SPD und Grünen vom Bundestag beschlossenen kreditfinanzierten Infrastruktur-Sondervermögens von über 500 Milliarden Euro[3]. Über den regulären Haushalt für 2026 wird der Bundestag nach der Sommerpause entscheiden. 

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193140.rentenniveau-im-alter-stabil.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1191632.steuersenkungen-bundesregierung-macht-den-unternehmen-steuergeschenke.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1189813.sondervermoegen-infrastruktur-nicht-zukunftsfaehig.html