Wer wissen möchte, worin die »Zeitenwende«[1] besteht, muss nur das Radio anschalten. Auf dem Deutschlandfunk, früher vergleichsweise vielstimmig, wird mittlerweile zu jeder Tages- und Nachtzeit die Werbetrommel für deutsche Rüstungskonzerne gerührt. In den Börsennachrichten lobt man die »Performance« von Thyssenkrupp Marine Systems, in der Kultursendung wird erläutert, warum der ukrainische Nationalismus die Freiheit verteidigt, der palästinensische hingegen mörderisch ist.
Dass die Verhältnisse aufgrund dieser Mobilmachung autoritärer werden, hätte man ahnen können. Eine Gesellschaft, in der die »nationalen Interessen« beschworen werden, rückt zwangsläufig nach rechts. In diesem Sinne ist das Verbot des antimilitaristischen Camps »Rheinmetall-Entwaffnen« durch die Polizei keine Überraschung.[2]
Um die 1000 Personen wollten ab dem 26. August in Köln zusammenkommen, um sich der Militarisierung in den Weg zu stellen. Anders als bei früheren Camps sollte es diesmal auch um die Bundeswehr gehen. Die Polizei hat das untersagt, weil ein »unfriedlicher« Verlauf befürchtet wurde. Als Begründung wurde unter anderem auf den Slogan »Krieg dem Krieg« verwiesen.
Das ist nicht in erster Linie deshalb ein Skandal, weil mit der Begründung auch Tucholsky-Lesungen untersagt werden könnten. Viel schlimmer ist der Euphemismus dahinter: »Unfriedlich« sind nicht etwa die Bombenangriffe in Jemen und Gaza, die Rheinmetall mit seinen Geschäften ermöglicht, sondern die Proteste dagegen.
Dass uns dieser Irrsinn gar nicht mehr auffällt, liegt nicht zuletzt an jener »linken Mitte«, die mit Menschenrechtsrhetorik den Rüstungskonzernen die notwendige Anerkennung verschafften. Shame on you.