Seit 2019 wird der ehemalige Cottbuser Tagebau geflutet, Ende 2024 hatte er endlich die anvisierte Füllhöhe erreicht. Doch nun ist der Wasserstand wieder um 30 Zentimeter gesunken – auch aufgrund von Verdunstung. Dass die hohe Verdunstungsrate von Tagebauseen zum Wassermangel in der Region beitrage, kritisieren Klimaschützer*innen schon lange. Dennoch hält die Leag als für den Kohleabbau und die Renaturierung der Kohlegruben zuständiges Unternehmen an den Seen fest.
»Die Tagebauseen sind künstliche Verdunstungsflächen«, sagt René Schuster von der Umweltgruppe Cottbus zu »nd«. In der Lausitz[1] sei das ein großes Problem, weil davon die Spree betroffen sei. »Die Verdunstung führt dazu, dass weniger Regenwasser im Fluss ankommt.«
Der Cottbuser Ostsee sei ein Extrembeispiel, weil er verhältnismäßig flach sei, sagt Schuster. Dabei ist der Ostsee mit 1900 Hektar Fläche der größte bislang entstandene Tagebausee in Deutschland. Doch die von der Leag[2] weiterhin geplanten Seen werden laut Schuster den Ostsee noch übertreffen. »Insgesamt sollen 8000 Hektar Wasserfläche entstehen«, so Schuster. Diese kämen zu den schon bestehenden Tagebauseen in stillgelegten Gruben aus dem DDR-Kohleabbau dazu. »Das können wir uns gar nicht leisten, weil wir das Wasser in der Spree brauchen.«
Auf den Wasserhaushalt in der Region kommen ohnehin harte Zeiten zu: Wenn durch den Kohleausstieg kein Wasser aus der Entwässerung der Kohlegruben mehr in die Spree geleitet wird, sich der Grundwasserstand in der Region aber auch noch nicht regeneriert hat, dann droht Wasserknappheit[3]. Laut aktuellen Berechnungen dauere das noch bis 2100, sofern sich das Grundwasser so schnell wie bislang angenommen neu bilde, sagt Schuster. In dieser Zeit kämen das Auffüllen der Tagebauseen mit Spreewasser und deren Verdunstungseffekt noch dazu.
Die Leag schätzt die Lage etwas anders ein: »Die jahreszeitlich bedingte Verdunstung im Cottbuser Ostsee[4] hat keinen Einfluss auf die Wasserknappheit in der Region«, teilt Pressesprecherin Kathi Gerstner auf nd-Anfrage mit. Dem Ostsee werde nur dann Wasser aus der Spree zugeführt, wenn der Fluss genügend Wasser führe. Außerdem werde »durch den Ostsee Wasser in niederschlagsreichen Wasser-Überschusszeiten in der Region gehalten, statt es über die Spree an der Region vorbeifließen zu lassen«, so Gerstner.
Weil die Flutung des Ostsees vom Wasser in der Spree abhängt, kann die Leag auch nicht sagen, wann der stillgelegte Tagebau weiter aufgefüllt wird. Seit 2019 musste die Flutung oft aufgrund von Wasserknappheit unterbrochen werden. Nach Angaben der Grünen im Landkreis Spree-Neiße ist das Zielvolumen von 256 Millionen Kubikmetern Wasser noch nicht erreicht. »Rund 35 Millionen Kubikmeter fehlen noch, um die Porenräume des Bodens und der Uferbereiche vollständig zu sättigen«, teilt Heide Schinowsky von den Grünen mit. Bis dahin versickere Wasser, das in den Ostsee geleitet wird, im Boden.
»Ganz ohne See wird es wohl nicht gehen.«
René Schuster Umweltgruppe Cottbus
Leag-Sprecherin Gerstner kann keine Angaben dazu machen, wann der See vollständig aufgefüllt sein wird. »Das ist abhängig davon, wie schnell sich die Porenräume der Innenkippe mit Wasser aufsättigen und in welchen Mengen uns künftig Flutungswasser zur Verfügung steht.« Doch auch, wenn dieses Ziel erreicht ist, könne Spreewasser eingesetzt werden, um Schwankungen im Wasserstand auszugleichen. Andersrum könne der See auch bis zu 50 Zentimeter über dem Zielwasserstand Wasser aufnehmen und »vorhalten, um es in trockenen Zeiten über das noch zu bauende Auslaufbauwerk wieder kontrolliert abzugeben«, so Gerstner.
Als Speichersee soll der Ostsee aber nach aktuellen Planungen nicht genutzt werden. Ziel ist es laut Leag weiterhin, dort Tourismus, Fischerei und Naturschutz zu etablieren. Unter Tourismus nennt Gerstner die Schlagworte Erholung und Schifffahrt. Ob dort also in Zukunft gebadet werden kann, bleibt in der Antwort offen – bislang war es aber so geplant. Allerdings dauert die Absicherung des Sees voraussichtlich noch bis mindestens 2030. Große Abrutschungen des Ufers im Verlauf der Tagebau-Flutung hatten bisweilen Zweifel aufkommen lassen, ob und wann der See tatsächlich zum Baden sicher sein wird.
Der Cottbuser Ostsee ist der erste See, der von der Leag selbst in einem ehemaligen Tagebau angelegt wird. Dazu kommen künftig in Verantwortung des Kohle-Unternehmens drei Bergbaufolgeseen im Tagebau Jänschwalde und jeweils einer in Welzow-Süd, Nochten und Reichwalde.
Der sächsische Tagebau Nochten soll außerdem um ein neues Abbaufeld in Mühlrose ergänzt werden, das beantragte die Leag vor Kurzem. Die Pläne gibt es schon lange, das Dorf Mühlrose wurde bereits umgesiedelt, viele Häuser sind schon abgebaggert. Der Zusammenschluss Grüne Liga und darin die Umweltgruppe Cottbus kritisieren das in einer Pressemitteilung nicht nur, weil ein neuer Tagebau energiepolitisch nicht notwendig sei und »nicht mehr in unsere Zeit« gehöre. Auch der geplante Tagebausee erregt Skepsis.
»Die Standsicherheit der Ufer des geplanten Tagebausees ist nicht nachgewiesen«, so René Schuster. Die geplante Flutungsdauer von 30 Jahren stelle ebenso wie die geologischen Bedingungen ein Risiko dar. »Die Erfahrungen mit den unerwarteten Rutschungen am Cottbuser Ostsee im Jahr 2023 spielen im Antrag überhaupt keine Rolle.« Die Grüne Liga ruft die Bürger*innen auf, bis zum 28. August Einwendungen gegen den Antrag einzureichen.
Statt stillgelegte Kohlegruben nur mit Wasser zu füllen, fordert Schuster, mehr Landflächen wiederherzustellen – zusätzlich zu Seen mit möglichst großer Tiefe und geringer Wasserfläche. »Ganz ohne See wird es wohl nicht gehen.« Doch er vermutet, dass das für die Leag aufwendiger und teurer sein dürfte, als alles zu fluten. Für die Kosten, die der Wassermangel in der Spree und der Region verursacht, »zahlt die Allgemeinheit«, sagt Schuster.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193421.kohleindustrie-lausitz-ebbe-am-ostsee.html