nd-aktuell.de / 24.08.2025 / Wirtschaft und Umwelt

Nach dem Waldbrand: Grünes Wunder im Werden

Nach dem verheerenden Waldbrand auf der Saalfelder Höhe entsteht ein neuer Forst

Sebastian Haas, Gösselsdorf
Nach dem Waldbrand auf der Saalfelder Höhe: Forstleute beraten über Möglichkeiten der Wiederaufforstung.
Nach dem Waldbrand auf der Saalfelder Höhe: Forstleute beraten über Möglichkeiten der Wiederaufforstung.

Manchmal, wenn ein Windstoß über die exponierten Hänge streift, riecht es noch immer nach verbranntem Holz. Der Wind trägt den Geruch von der Mitte jener Fläche herüber, auf der vor einigen Wochen der größte Waldbrand in Thüringen seit mindestens 30 Jahren gewütet hatte.

Die Spuren des Feuers auf der fast 83 Hektar großen Fläche sind schon von Weitem sichtbar. Sie werden umso trauriger, je näher man dem Waldbrandgebiet am Rande von Gösselsdorf im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt kommt. Aus einigen Kilometern Entfernung sieht man eine schwarze Hügelkuppe und schwarze Hänge. Auf den Wegen am Rande dieses Areals und auch mittendrin stehend, sieht man dann, dass dieses scheinbar homogene Schwarz aus ganz viel schwarzem Waldboden und ungezählten verkohlten Bäumen, Ästen und Wurzeln besteht.

Um eine bessere Vorstellung davon zu bekommen, wie groß die verbrannte Waldfläche auf der Saalfelder Höhe ist, hilft diese Einordnung: Nach Angaben des Thüringer Forsts sind im Freistaat in den vergangenen Jahren im Durchschnitt landesweit jeweils etwa 25 Hektar Wald in einem ganzen Jahr verbrannt. Es gebe üblicherweise zwei Waldbrandwellen in Thüringen, sagt der Sprecher der Behörde, Horst Sproßmann. Die erste im März und April, die zweite im August. Dass bei Gösselsdorf im Juli nun fast 83 Hektar Wald durch ein Feuer zerstört wurden, zeigt, wie außergewöhnlich dieser Brand war, auch wenn Thüringen kein klassisches Waldbrand-Land wie etwa Brandenburg oder Sachsen ist, wo zuletzt noch deutlich mehr Wald in Flammen stand.[1]

Der Forst verweist auf die enormen Anstrengungen der insgesamt etwa 5000 überwiegend ehrenamtlichen Feuerwehrleute und Helfer, die den Brand schließlich gelöscht hatten. »Das war ein großer Erfolg der Ehrenamtler«, sagt beispielsweise der stellvertretende Leiter des Forstamts Saalfeld-Rudolstadt, Matthias Schwimmer. Ohne ihren schnellen und tagelangen Einsatz wäre wohl eine noch größere Fläche verbrannt.

Dennoch ist der Anblick, der sich heute bietet, erschreckend. Giso-Matthias Korn erträgt ihn inzwischen trotzdem mit stoischer Gelassenheit. »Was soll ich denn machen?«, fragt er. »Ich kann das Rad ja nicht zurückdrehen.« Dennoch sei es natürlich kein schönes Gefühl, auf die Überreste dieses Waldes zu schauen, der zu einem kleinen Stück auch seiner ist. Oder war. Und wieder werden soll. Vor allem Fichten standen hier. Korn ist einer der vielen privaten Waldbesitzer, denen der Großteil der verbrannten Flächen gehören. Nur etwa 10,5 Hektar des Areals befinden sich im Eigentum der Stadt Saalfeld.

Selbst zwischen all dem verbrannten Holz inmitten der schwarzen Erde keimt das erste grüne Gras wieder.

Wie so viele andere der geschädigten Waldbesitzer weiß Korn noch nicht genau, wie es auf dieser Fläche weitergehen soll. [2]Immerhin regnet es in der Regel in diesem Teil Thüringens ziemlich viel, was für das Nachwachsen eines Waldes eine wichtige Voraussetzung ist. Etwa 800 bis 850 Liter Regen pro Quadratmeter und Jahr fallen hier oben vom Himmel.

Dass dieses Wasser kleine Wunder bewirken kann, sieht man sowohl auf der großen Wiese am Rande des Waldbrandgebietes, auf der während des Brandes ungezählte Einsatzfahrzeuge unterwegs waren, als auch mitten auf der schwarzen Fläche selbst. Während die Einsatzkräfte nach dem Ausbruch des Brandes am 2. Juli zehn Tage lang gegen die Flammen gekämpft hatten, war die Wiese ausgetrocknet, gelb, teilweise zerfahren. Jetzt leuchtet sie in einem Grün, das ein Postkartenmaler verwenden würde. Die Fahrspuren sind kaum noch zu erkennen. Und selbst zwischen all dem verbrannten Holz inmitten der schwarzen Erde keimt das erste grüne Gras wieder.

Die immensen Heilkräfte der Natur werden also einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, dass auf dieser Fläche bald wieder ein Wald stehen kann. Wobei, sagt Forstamtmitarbeiter Matthias Schwimmer, der Mensch der Natur aber ein bisschen dabei wird helfen müssen, wenn es hier oben in Zukunft nicht nur Büsche, Sträucher und Gräser geben soll. [3]Schwimmer ist einer von jenen, die die Wiederaufforstung des Waldbrandgebietes in den nächsten Monaten und Jahren mit koordinieren werden. Zwar gebe es in der Gegend einige Baumarten, deren Samen auf natürlichem Weg – also etwa durch Wind oder durch Vögel – auf diese Fläche gelangen und dann austreiben könnten: Birken, Espen, Ebereschen. Doch die jungen, nachwachsenden Bäume müssten hier oben vom Menschen geschützt werden, wenn sie wachsen sollen, sagt Schwimmer. »Unser Hauptproblem: Hier ist ganz viel Rotwild.«

Auch Korn erzählt davon, dass er schon Gruppen von bis zu 60 Tieren gezählt habe. Die Hirsche fressen junge Bäume, wo immer sie sie finden können. Nicht zufällig stehen direkt neben der großen Waldbrandfläche junge, unter anderem von Kindergartenkindern aus der Region gepflanzte Bäume, die allesamt eine Hülle zum Schutz vor sogenanntem Verbiss tragen. Aber auch einige dieser Bäume – Bergahorn und Esskastanie – sind der Hitze zum Opfer gefallen. Dort, wo die Hüllen geschmolzen sind, gibt es nur wenig Hoffnung, dass die umschlossenen Bäume noch leben.

Zum Schutz vor Rotwild, sagt Schwimmer, müssten zumindest einzelne Teile der Waldbrandfläche eingezäunt werden. Am besten wäre es freilich, einen Wildzaun um das gesamte Areal zu ziehen. Aber bei dessen Größe sei das völlig unrealistisch. Deshalb sollten zeitnah Hochsitze dort gebaut werden, damit Jäger möglichst viele Hirsche erlegen können, um den jungen Bäumen eine Chance zum Wachsen zu geben, statt sofort gefressen zu werden. Wichtig sei zudem, dass sich auch die Waldbesitzer an allem beteiligen, was zur Wiederbewaldung der Fläche möglich sei, sagt Schwimmer. Dafür gebe es sogar staatliche Fördermittel.

Wann die ersten neuen Bäume anfangen werden, durch die schwarze Oberfläche zu brechen, das kann derzeit niemand genau sagen. Schon im nächsten Frühjahr aber, meinen Schwimmer und andere Förster, könnte es so weit sein. Dann werde hier oben wieder viel mehr Leben sein als jetzt. Das grüne Wunder kann kommen.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192686.feuerwehr-waldbrandgefahr-wie-in-griechenland.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1170111.klimaanpassung-waelder-widerstandsfaehig-machen.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1178099.klimawandel-die-kunst-des-waldumbaus.html