nd-aktuell.de / 25.08.2025 / Berlin

Eine Art Wahl-o-Mat für Potsdam

37 Fragen zu möglichen Übereinstimmungen mit den sieben Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl

Andreas Fritsche
Wahlplakate vor der Potsdamer Garnisonkirche
Wahlplakate vor der Potsdamer Garnisonkirche

Weitere Stadtgebiete von Potsdam sollten als Millieuschutzgebiet eingestuft werden, um Mieterhöhungen zu verhindern. Das halte ich für eine gute Idee, und auch Dirk Harder tut das, der zwar parteilos ist, sich aber von der Linken als Kandidat für die Oberbürgermeisterwahl am 21. September aufstellen ließ. Dass beim Kauf von Grundstücken weniger Steuern fällig werden sollten, halten wir beide für absolut falsch. Dagegen wünschen wir uns, dass die Stadt eine Baugenehmigung für einen Campus des Hasso-Plattner-Instituts auf dem Brauhausberg nur erteilt, wenn dort gleichzeitig bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird. Statt nach dem Turm auch das Kirchenschiff der Garnisonkirche wieder aufzubauen, sollte das Kreativhaus Rechenzentrum erhalten bleiben. Auch da bin ich mit Dirk Harder völlig einer Meinung.

In anderen Fragen denke ich etwas anders als er. Ich wäre sehr dafür, dass die Stadt Gelder für Enteignungen bereitstellt, um einen freien Uferweg am Griebnitzsee zu schaffen. Harder wäre auch dafür, aber es ist ihm nicht ganz so wichtig wie mir. Insgesamt haben wir beide eine inhaltliche Übereinstimmung von 85 Prozent.

Woher ich das weiß? Von der digitalen Wahlhilfe »Voto«. Es gibt sie seit der vergangenen Woche, entwickelt von den Politikwissenschaftlern Jan Philipp Thomeczek und Peter Ulrich von der Universität Potsdam in Zusammenarbeit mit der Tageszeitung »Potsdamer Neueste Nachrichten«. »Voto« funktioniert wie der von Bundestags- und Landtagswahlen bekannte Wahl-o-Mat. Es werden im Internet 37 Thesen aufgestellt und ich kann auf einer Skala von 1 bis 5 anklicken, wie ich darüber denke. 3 bedeutet neutral, bei 5 bin ich sehr dafür und bei 1 absolut dagegen. Abgefragt wird beispielsweise, was ich von einer weiteren Brücke über die Havel denke, der umstrittenen Havelspange.

Am Ende zeigt »Voto« seinen Nutzern an, mit welchem Kandidaten sie die größte Übereinstimmung haben. Bei mir war das mit 85 Prozent Dirk Harder, gefolgt von der früheren Kulturdezernentin Noosha Aubel[1] (77 Prozent). Aubel ist ebenfalls parteilos und tritt als Einzelbewerberin an, wird allerdings von den Grünen, vom Bündnis Sahra Wagenknecht, von der linksalternativen Wählergruppe »Die Andere« und der kleinen Partei Volt unterstützt.

Auf den weiteren Plätzen folgen bei mir die Kandidaten Severin Fischer (SPD) mit 74 Prozent Übereinstimmung, Michael Reinert (Freie Wähler) mit 60 Prozent, Alexander Wietschel (Die Partei) mit 55 Prozent, Clemens Viehrig (CDU) mit 51 Prozent und abgeschlagen Chaled-Uwe Said (AfD) mit 40 Prozent.

»Voto« diene der politischen Bildung, verfolge keine kommerziellen Interessen, sei kostenlos und politisch neutral, wird beteuert. Schon zur Kommunalwahl 2024 habe die Universität Potsdam eine solche Wahlhilfe entwickelt, damals im Rahmen eines größeren Projektes zu Kommunalwahlen in mehr als 35 Orten in verschiedenen Bundesländern. »Die Auswertung der Daten läuft derzeit noch«, erklärt Politikwissenschaftler Thomeczek. »Bei der OB-Wahl können die Daten aufschlussreich sein, da sie einen Vergleich der Kandidierenden mit der Partei ermöglichen, für die sie stehen.«

Die Neuwahl ist notwendig geworden, weil der bisherige Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD)[2] im Mai bei einem Bürgerentscheid abgewählt wurde. Zur Last gelegt wurden ihm eine selbstherrliche Amtsführung und kostenlose Eintrittskarten zu Sportveranstaltungen, die er nicht nur für sich angenommen hatte, sondern auch für seine Ehefrau, die ihn bei diesen Terminen zuweilen begleitete.

Am Ende des Katalogs von 37 Thesen bitten die Wissenschaftler noch um einige Auskünfte. Alter und Geschlecht soll ich verraten, zu welcher Partei ich mehr als zu anderen Parteien neige und welchen Kandidaten ich nun am 21. September voraussichtlich ankreuzen werden. Meine ehrliche Antwort: Keinen der sieben – weil ich nicht in Potsdam wohne und also dort nicht wahlberechtigt bin.

https://app.voto.vote/de/elections/3451612[3]

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192432.kommunales-eine-vielversprechende-kandidatin.html?
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1191488.kommunalpolitik-oberbuergermeister-mike-schubert-in-potsdam-abgewaehlt.html?
  3. https://app.voto.vote/de/elections/3451612