nd-aktuell.de / 26.08.2025 / Gesund leben

Herber Herbstgenuss

Gesundes aus Moor und Heide: Preiselbeeren sind eine beliebte Beilage zu herzhaften Speisen

Anke Nussbücker
Wo in lichten Kieferwäldern Preiselbeeren wachsen, sind oft auch Blaubeeren zu finden.
Wo in lichten Kieferwäldern Preiselbeeren wachsen, sind oft auch Blaubeeren zu finden.

Ab Ende August reifen auf der Nordhalbkugel die Preiselbeeren. Zu dieser Zeit erreichen sie den höchsten Gehalt an gesundheitlich bedeutsamen Inhaltsstoffen. Von außen leuchten die Beeren rot, während das Innere eine gelblich helle Farbe behält.

Bekannt sind die herb-säuerlichen Beeren als Preiselbeerkonfitüre, die herzhaft würzigen Speisen wie gebackenem Weichkäse oder Wildbraten das gewisse Extra gibt. Eine Würzpaste, neudeutsch »Chutney«, aus den Beeren[1] kann aber auch den Geschmack pflanzlicher Linsen- oder Getreidebratlinge wunderbar ergänzen. Selbst roh lassen sich Preiselbeeren verarbeiten. Mit Apfelsaft oder Wasser fein püriert, tragen sie zur Vitamin-C-Versorgung bei. Heute werden auf diese Weise bereitete Getränke »Smoothies« genannt[2]. Diese enthalten manchmal eine fetthaltige Zutat, sind gehaltvoller und haben mehr Kalorien als die ausschließlich in Wasser gequetschten Beeren.

Wenn auch nur circa zwölf Milligramm Vitamin C in 100 Gramm Preiselbeeren stecken, waren sie doch in prähistorischen Zeiten, als die frühen Urmenschen in Richtung Norden wanderten, eine der wichtigsten Beerenarten. Der Grund für ihre Bedeutung war und ist neben den Vitaminen der hohe Gehalt an Gerbstoffen und Säuren, weshalb getrocknete Preiselbeeren bis weit ins nächste Frühjahr haltbar und essbar bleiben. Darunter ist die natürlich vorhandene Benzoesäure, die sonst in der Lebensmittelindustrie vor allem Fertigsalaten zugesetzt wird, weil sie das Wachstum unerwünschter Bakterien und Schimmelpilze hemmt. Der hohe Anteil an Fruchtsäuren verbessert den Stoffwechsel, ohne die Nieren zu belasten, wie das bei Harn- oder Phosphorsäure aus tierischen Lebensmitteln der Fall ist.

Zum Verfeinern mit Preiselbeerkonfitüre genügen kleinere Mengen von ein bis zwei Teelöffeln pro Portion.

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Bevor andere Obstarten oder sogar Südfrüchte in abgelegene nördliche (Gebirgs-)Regionen importiert wurden, behielten Brom-, Heidel- und Preiselbeeren bis in die 1980er Jahre ihre große Bedeutung.

Im Zuge der Rückbesinnung auf regionale Produkte erfahren auch Preiselbeeren erneut eine gesteigerte Wertschätzung. Als Chutney mit Zwiebeln oder als pikante Marmelade erfreuen sie sich neuer Beliebtheit. Die Bezeichnung Chutney stammt aus der indischen Küche, die Engländer brachten es während der Kolonialzeit nach Europa. Ursprünglich aus exotischen Früchten und Gewürzen gekocht, wird die Zubereitungsweise inzwischen vielfach für einheimische Beeren übernommen.

Preiselbeeren (botanisch: Vaccinium vitis idaea) sind eng mit den Heidelbeeren verwandt und gehören zur Familie der Heidekrautgewächse (Erikazeen). In lichten Kiefernwäldern auf Sandböden, in Heidegebieten und auf Hochmooren wachsen sie häufig in Nachbarschaft mit Heidelbeeren.

Jedoch unterscheiden sie sich gänzlich im Geschmack. Während Heidel- (auch Blaubeeren genannt)[3] über eine liebliche, fruchtige Süße verfügen, schmecken Preiselbeeren säuerlich, herb und geben dem Gaumen ein pelziges Gefühl, das durch die Gerbstoffe entsteht. Manche empfinden diesen Reiz als angenehm, andere beschreiben den fachsprachlich als adstringierend bezeichneten Geschmack eher als bitter. Zum Verfeinern mit Preiselbeerkonfitüre genügen daher kleinere Mengen von ein bis zwei Teelöffeln pro Portion.

Je nach Region sind weitere Namen für die Beeren geläufig. Die Bezeichnung »Kronsbeere« entstand vermutlich wegen der kronenförmig auf den Beeren sitzenden Kelchblätter, die auch im Reifezustand an den Beeren verbleiben. Im Frühsommer werden die winzigen, hellen Blüten von Hummeln und Bienen bestäubt.

Auch die Moosbeere ist mit der Preiselbeere verwandt. Jedoch wurden die amerikanischen großen Moosbeeren (englisch: Cranberry) aus Marketinggründen irreführend als »Kulturpreiselbeere« verkauft. Diese sind zwar größer, kommen aber an das fruchtig-herbe Aroma der Preiselbeere nicht heran.

Das Sammeln von Preisel- und Heidelbeeren erfolgt traditionell mit groben Holzkämmen, den sogenannten Riffeln oder auch Beerenrechen. Mit den Holzzähnen, heute meist Metallzinken des Kammes werden die Beeren abgestreift; diese sammeln sich in einem daran befestigten Holzkästchen. Die Arbeit des Sammelns in gebückter Haltung gehört zu den Tätigkeiten, die nach kurzer Zeit Rücken- und Gelenkschmerzen verursachen. Die Holzkästchen ermöglichen das schnellere Ernten, die versehentlich mitgesammelten Blätter und Zweige können anschließend im Sitzen ausgelesen werden. Wegen dieser Art des Sammelns haben die Beeren auch den Namen »Riffelbeere«, mancherorts »Griffelbeere«, erhalten.

Noch im Jahr 2009 wurde Erntehelfern aus Osteuropa und sogar Fernost in Nordeuropa umgerechnet nur ein Euro pro Kilogramm gesammelter Heidel- sowie Preiselbeeren gezahlt, kaum genug, um die An- und Abreisekosten zu begleichen. So mancher thailändische Erntehelfer hatte für die Anreise nach Skandinavien sein kleines Reisfeld verpfändet und verloren.

In Österreich heißen Preiselbeeren auch Granten, Granken oder Grandelbeere. Möglicherweise erhielten sie den Namen, weil sie für Kranke, die angesichts ihrer Schmerzen grantig, mürrisch, schlecht gelaunt waren, hilfreich zum Einsatz kamen.

Wer das Heidekrautgewächs im Garten anpflanzen möchte, verzichtet am gewählten Standort stets auf Düngung mit Kalk, weil die Pflanzen sauren Boden bevorzugen. Auch wenn großflächige Gaben von Kalk in der Nähe von Wäldern ausgebracht werden, schadet das den Preisel- wie den Heidelbeersträuchern. Die kleinen Kerne der Preiselbeeren werden von Vögeln verbreitet. Sofern der Boden ausreichend feucht ist, keimen die Kerne im nächsten Frühling aus und immergrüne, kriechende Zwergsträucher wachsen heran.

Die Preiselbeerpflanze übersteht die milden, frostarmen Winter in Nord- und Nordwestdeutschland sowie den Niederlanden recht gut. In Gebirgslagen Süddeutschlands und Österreichs wie in den skandinavischen Ländern ist sie zur Überwinterung auf eine dicke Schneedecke angewiesen.

Ihre Bedeutung für die menschliche Gesundheit ergibt sich auch daraus, dass die Pflanze in Moorgebieten gut gedeiht. Die Erhaltung und Renaturierung von Mooren wiederum ist als wichtige Maßnahmen des Klimaschutzes anerkannt, weil intakte Moorböden enorme Mengen Kohlenstoff und Wasser speichern.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1145971.bauerngarten-manufaktur-erfolgreiche-wendeverlierer.html?sstr=Chutney
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1087575.unten-links.html?sstr=Smoothies
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1167656.wissenschaft-der-wildheidelbeeren-fall.html?sstr=Heidelbeeren