nd-aktuell.de / 27.08.2025 / Politik

Sie wollen das nicht schaffen

Zum zehnjährigen Merkel-Spruch-Jubiläum freut sich Bundesregierung über Zurückweisungen

Kurt Stenger
2015 fühlten sich noch deutlich mehr Geflüchtete in Deutschland willkommen – auch dank des Merkel-Ausspruchs.
2015 fühlten sich noch deutlich mehr Geflüchtete in Deutschland willkommen – auch dank des Merkel-Ausspruchs.

Fast 12 000 Menschen wurden an den deutschen Außengrenzen zurückgewiesen, seit Bundesinnenminister Alexander Dobrindt als eine seiner ersten Amtshandlungen im Mai schärfere Kontrollen angeordnet hat. Eine »hochwirksame Maßnahme« sei dies, freut sich der CSU-Politiker. In der ganz aktuellen Statistik seines Ministeriums finden sich auch 660 Menschen mit Asylbegehren – obwohl zumindest ein deutsches Gericht deren Zurückweisung als Verstoß gegen EU-Recht ansieht.

Nicht feiern wird Dobrindt – wie auch andere Regierungspolitiker – ein Jubiläum, das Ende der Woche ansteht: Vor zehn Jahren sagte die damalige CDU-Kanzlerin Angela Merkel ihren Spruch, der bis heute viele Gemüter erhitzt: »Wir haben so vieles geschafft – wir schaffen das!« Ihr Signal zur Aufnahme insbesondere von Kriegsflüchtlingen aus Syrien wurde als Stärkung einer neuen Willkommenskultur und eines humanitären Umgangs mit Menschen, die Asyl benötigen, gewertet. Oder aber eine Anerkennung, dass dauerhafte Einwanderung auch über den Asylweg schon lange Realität in Europa ist und es auch bleiben wird.

Davon will die Union schon lange nichts mehr wissen. Sie wie auch weitere Parteien aus dem demokratischen Lager fahren einen Asyl-Abwehr-Kurs. Bei ihnen hält sich immer noch die Mär, dass Merkels Politik den Aufstieg der AfD ermöglicht hat. Linke und soziale Organisationen halten dagegen, dass es gerade die Aufnahme ultrarechter Positionen in die politische Mitte war, die diese erst richtig stark gemacht hat.

Einen solchen Zusammenhang sehen auch die Autoren einer am Mittwoch veröffentlichten Langzeitstudie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Demnach machten sich im Jahr 2017 lediglich 29 Prozent der Geflüchteten Sorgen wegen Ausländerfeindlichkeit und Fremdenhass in Deutschland, 2023 waren es dagegen schon 54 Prozent. Nur noch 65 Prozent der Geflüchteten bejahten ganz oder überwiegend die Frage, ob sie sich in Deutschland willkommen fühlen (2017: 84 Prozent).

Dies ist auch eine Folge des Kurses, den Dobrindt, die aktuelle und die Vorgängerregierung fahren mit ihrem Motto: »Wir haben so vieles geschafft – das aber wollen wir nicht schaffen!«