Wer einen Social-Media-Account hat, hat die Bilder längst gesehen: Am Donnerstag wurde auf einer propalästinensischen Demonstration eine Aktivistin von der Polizei geschlagen. Kitty O’Brien diskutiert lautstark, während sie eingehakt mit anderen Demonstrant*innen Polizeibeamten gegenübersteht. Dann plötzlich ein Schlag ins Gesicht, mitten auf die Nase.
Immer wieder dieselben Bilder – auf fast jeder Demonstration[1] gegen den Genozid in Gaza werden verletzte Demonstrant*innen, Schläge und Tritte[2] aufgenommen. Was folgt, sind gleichlautende Erklärungen der Berliner Polizei. »Schieben und Drücken«[3] und »selektive gezielte Schläge«, das ist die Sprachregelung, die immer wieder zur Anwendung kommt.
Auch im Fall von Kitty O’Brien rollte die PR-Maschine der Polizei an. Weltweit verbreiteten sich die Videos von dem Schlag und der anschließenden Festnahme, bei der ihr das Blut das Gesicht herunterläuft und ihr der Arm gebrochen wurde. Währenddessen war in der Hauptstadtpresse zu lesen, sie »soll geschlagen worden sein« und habe die Beamten »verbal attackiert«.
Das Besondere an dem Fall ist, dass Kitty O’Brien irische Staatsbürgerin ist und die irische Botschaft sich eingeschaltet hat. Die Zeitung »Irish Independent« berichtet, die irische Botschafterin habe Kontakt mit den Behörden aufgenommen und ihre »Besorgnis über den Vorfall« mitgeteilt. Dank dieser Intervention wird nun auch hier über diesen Fall von Polizeigewalt berichtet.
Polizeigewalt ist allgegenwärtig und sichtbar[4]. Rechenschaft vor der Öffentlichkeit ablegen muss die Behörde aber nur in Ausnahmefällen, wenn die Bilder durch die richtigen Akteure verstärkt werden. Ansonsten bleibt die richtige Kritik am Agieren der Polizei viel zu oft ungehört.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193711.demos-polizeigewalt-sehr-sichtbar-aber-ignoriert.html