Die Krise in der Gastronomie setzt sich fort. Restaurants, Cafés und Kneipen in Deutschland haben nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes im ersten Halbjahr 2025 preisbereinigt 4,1 Prozent weniger Umsatz erwirtschaftet als im gleichen Vorjahreszeitraum. Auch die am Dienstag vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) auf einer Pressekonferenz vorgestellte Umfrage zur wirtschaftlichen Lage der Branche bestätigt die angespannte Situation. »Damit gehen wir auf das sechste Verlustjahr in Folge zu«, sagte Dehoga-Präsident Guido Zöllick in Berlin.
Dabei kann die Lage der Gastronomie als Stimmungsbild der gesamten wirtschaftlichen Entwicklung gelten. Zwischen 2010 und 2019 wurde dank einer robusten Konjunktur und einer weitgehend gierigen Konsumstimmung jährlich ein sattes Umsatzplus verbucht. Aber dann kam die Corona-Pandemie – neun Monate Lockdown und eine Vielzahl von Auflagen führten ab März 2020 zu nie gekannten Umsatzeinbrüchen und Firmenpleiten. Bis heute haben sich viele Betriebe nicht erholt. Im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr war der reale Gastgewerbeumsatz laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2024 noch um 13,1 Prozent niedriger als 2019.
Als wichtigsten Grund für ihre Zurückhaltung nennen Verbraucher in Umfragen die rasant gestiegenen Preise. Diese hielten sie davon ab, so häufig wie früher auswärts essen zu gehen. Während seit 2020 die Verbraucherpreise insgesamt um 22,2 Prozent stiegen, legten die Gastro-Preise noch einmal um die Hälfte mehr zu. [1]
Außerdem ist ein Teil der Kundschaft »preissensibler« geworden, wie es heißt. Statt zwei, drei Getränken werde nur noch ein Glas zum Essen getrunken, berichtet ein Hamburger Weinhändler, der mehrere Gaststätten und Restaurants in den wohlhabenderen Stadtteilen Eppendorf, Eimsbüttel und Winterhude beliefert. Im Ergebnis leiden auch Zulieferer unter der Gastro-Krise.
Dabei sind es traditionell ausgerechnet Säfte, Wein und Bier, die Wirten Gewinne bescheren. Von den Essensgerichten bleibt nämlich oft nicht viel in der Kasse hängen. So rechnete ein Hamburger Gastronom in einer Regionalzeitung vor, warum ein Wiener Schnitzel eigentlich mindestens 30 Euro kosten müsste: Bevor ein Gast das Lokal betritt, fallen Kosten für Heizung, Beleuchtung und Kühlung an. Für das Personal sei etwa ein Drittel des Verkaufspreises fällig. Das Kalbfleisch schlägt mit lediglich fünf Euro zu Buche, wenn man 150 Gramm für ein Schnitzel annimmt. Der Promi-Wirt Tim Mälzer weist zudem auf die Kosten für Butterschmalz, Panade, Eier, Kartoffel-Gurken-Salat sowie versteckte Kosten wie Gema-Gebühren für Hintergrundmusik und Abwasserkosten hin. Unterm Strich blieben ihm 2,40 Euro Gewinn bei diesem Gericht. Ein Gastronom aus Wien bezog noch Miete und Kreditkosten in seine Kalkulation ein. Sein Schnitt: ein Euro pro Schnitzel.
Die Kosten der Gastronomen steigen indes weiter, und jüngste Entwicklungen in Einzelhandel und Dienstleistung verschärfen noch die Lage. Lieferdienste des Lebensmitteleinzelhandels, immer mehr Essen zum Mitnehmen von Gastro-Ketten und neue Fertiggerichte aus dem Supermarkt bieten preiswerte, wenngleich oftmals minderwertige Alternativen.
Laut Dehoga-Chef Zöllick geht es »auch um Steuerfairness und Gleichbehandlung«. Während die Konkurrenz lediglich mit sieben Prozent Mehrwertsteuer belastet wird, fallen für den Verzehr in gastronomischen Betrieben seit 2024 wieder 19 Prozent an. [2]Der Verband setzt Hoffnungen auf die jüngsten Beschlüsse der Vorstände von CDU/CSU und SPD in Würzburg Ende August. Diese wollen die Mehrwertsteuer für Gastronom*innen wieder auf sieben Prozent senken.
Als problematisch gilt für Unternehmer zudem der gesetzliche Mindestlohn, der im Januar um 1,08 Euro auf 13,90 Euro steigen soll. Guido Zeitler, Vorsitzender der Gewerkschaft NGG, sieht hier hingegen »eine vertretbare Lösung«. Besonders nützlich sei der Mindestlohn für Arbeitnehmer*innen im Gastgewerbe, so der NGG-Chef. Rund 1,1 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte arbeiten dort. Mehr als die Hälfte wird mit dem Mindestlohn abgespeist.
Besser als Gaststätten schneiden Hotels und sonstige Beherbergungsunternehmen wirtschaftlich ab. Corona hatte ihnen einen Heimbonus verschafft. Statt in die Ferne zu fliegen, schien Urlaub in Deutschland angesichts der Pandemie die sicherere Möglichkeit zu sein. Noch im vergangenen Jahr stiegen die Ausgaben für Reisen und Urlaub zwischen Rügen und Bodensee auf eine neue Rekordhöhe, meldet der Deutsche Reiseverband. Nun scheint der Zenit überschritten: Für die ersten sechs Monate dieses Jahres wird ein leichter Umsatzrückgang gemeldet.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193736.gaststaettengewerbe-inflation-frisst-umsatz.html