nd-aktuell.de / 10.09.2025 / Berlin

Linke-Plan gegen Mietenwahnsinn: Sozialquote für Vermieter

Die Berliner Linksfraktion will Vermieter mit über 50 Wohnungen zu Sozialquote verpflichten – Bußgelder bis 500.000 Euro

David Rojas Kienzle
Gegen Mondpreise auf dem Mietenmarkt setzt die Linkspartei auf eine verpflichtende Sozialquote.
Gegen Mondpreise auf dem Mietenmarkt setzt die Linkspartei auf eine verpflichtende Sozialquote.

Den Berliner Mieterverein (BMV) haben sie schon überzeugt: »Ich bin erleichtert, dass etwas auf dem Tisch liegt, das man lesen kann und sollte«, sagt BMV-Geschäftsführer Sebastian Bartels am Mittwoch. Im Abgeordnetenhaus stellt die Linksfraktion ihr neues »Sicher-Wohnen-Gesetz« vor. »Das könnte und sollte man unserer Ansicht nach direkt so beschließen«, sagt Niklas Schenker, wohnungspolitischer Sprecher der Linksfraktion, zu »nd«.

Die Ausgangslage ist so bekannt wie dramatisch. »Berlin ist mittlerweile die Stadt in Deutschland, in der die Mieten am schnellsten steigen«, sagt Linke-Fraktionsvorsitzender Tobias Schulze. Das sei keine Situation, die mit der Einkommenslage der Berliner*innen kompatibel sei. Wie Niklas Schenker ausführt, hätten zwei Drittel der vier Millionen Berliner*innen einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein. Dem stehen aber nur noch 80 000 Sozialwohnungen gegenüber[1]. »Wir Berliner Linken haben gesagt, wir müssen ins Handeln kommen.«

Doch wenn es um das Eingreifen in den Berliner Wohnungsmarkt geht, dann gibt es ein Trauma: 2021 kippte das Bundesverfassungsgericht den Berliner Mietendeckel[2]. Berlin hat nicht die Gesetzgebungskompetenz, um einen solchen zu beschließen. Um ein ähnliches Fiasko zu vermeiden, hat die Berliner Linke erst ein Gutachten über die landesrechtlichen Kompetenzen für das Wohnungswesen in Auftrag gegeben und aufbauend darauf einen Gesetzesentwurf erarbeiten lassen. Niklas Schenker kommt zum Schluss: »Niemand bestreitet, dass Berlin die Gesetzgebungskompetenz im Wohnungswesen hat.«

Wie genau das rechtssicher gestaltet werden kann, hat Thorsten Kingreen, Professor für öffentliches Recht an der Uni Regensburg, ausgearbeitet. Er habe »den Willen der Fraktion in Gesetzestext umgesetzt«, sagt er. Kingreen stellt am Mittwoch den Gesetzesentwurf vor. Zentraler Punkt ist eine Sozialquote für gewerbliche Vermieter, die mehr als 50 Wohnungen in der Hauptstadt besitzen. Nach dem Willen der Linken sollen sie einen nach der Größe ihres Wohnungsbestands gestaffelten Anteil der jährlich frei werdenden Wohnungen an Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen vermieten müssen.

Vermieter, die zwischen 50 und 500 Wohnungen ihr Eigentum nennen, sollen 30 Prozent ihrer Wohnungen über diese Belegungsquote vergeben müssen. Zwischen 500 und 1000 Wohnungen sollen es 40 Prozent und über 1000 dann 50 Prozent sein. Dabei soll sich an Miethöhen für den sozialen Wohnungsbau orientiert werden: Zwischen sieben und 11,50 Euro sollen die Quadratmeterpreise liegen. Die Linke erwartet, dass so jährlich 17 000 Wohnungen bezahlbar vermietet werden könnten. Zum Vergleich: Seit 2014 wurden insgesamt 14 000 neue Sozialwohnungen gebaut.

Damit sich Vermieter nicht vor den neuen Regulierungen drücken können, plant Die Linke auch eine neue Kontrollinstanz: ein Landesamt für Wohnungswesen. Dieses müsste dazu überhaupt erst einmal erfassen, wie viele Eigentümer mit mehr als 50 Wohnungen es in der Hauptstadt gibt. Das ist aber gar nicht so einfach. Abhilfe könnte von unerwarteter Stelle kommen: »Die Einzige, die wirklich Daten hat, ist die Berliner Stadtreinigung[3]«, so Kingreen. Die entsprechenden Informationen sollen dann an das neue Landesamt übermittelt werden. Vermieter von mehr als 50 Wohnungen sollen diesem Landesamt dann jährlich über ihre Vermietungspraxis Rechenschaft ablegen müssen. Wer das nicht mache, müsse mit einem Bußgeld von bis zu 500 000 Euro rechnen, so Wohnungspolitiker Schenker.

Dieses neue Landesamt soll auch weiter Kompetenzen bündeln. Auch die Einhaltung des Zweckentfremdungsverbots[4], das etwa spekulativen Leerstand oder die nicht genehmigte Nutzung von Wohnraum für Ferienwohnungen verbietet, soll die neue Institution überprüfen.

Von der neuen Regulierung nicht betroffen sind die Landeseigenen Wohnungsunternehmen. Für sie gelten sowieso schon strengere Regeln für die Vergabe von frei werdendem Wohnraum. Den Neubau von Wohnraum soll das Gesetz nicht ersetzen. »Wenn man nur mehr baut, dann sinken nicht die Mieten«, sagt Fraktionsvorsitzender Tobias Schulze. Zusätzlich zu dieser neuen Regulierung plant Die Linke ein kommunales Wohnungsbauprogramm[5]. Auch von der per Volksentscheid beschlossenen Vergesellschaftung großer Wohnungskonzerne rückt die Partei nicht ab.

Ihren neuen Gesetzesentwurf will Die Linke noch in diesem Jahr ins Abgeordnetenhaus einbringen. »Dass es in diesem AGH eine Mehrheit findet, ist aber eher unwahrscheinlich«, sagt Niklas Schenker. Aber die politische Debatte darüber, wie man ganz konkret mit der Mietenkrise umgehen kann, wird der Entwurf mit Sicherheit ankurbeln.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1187040.stadtentwicklung-sozialwohnungen-in-berlin-kein-ende-der-krise.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192393.wohnungspolitik-lauter-ruf-nach-dem-mietendeckel.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1188488.berliner-stadtreinigung-bsr-orange-die-farbe-des-arbeitskampfes.html
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1179401.wohnungskrise-ferienwohnungen-in-berlin-zweckentfremdungsverbot-ausbaufaehig.html
  5. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1187396.stadtentwicklung-linke-will-bauen-mit-landeseigener-bauhuette-kommunalisieren.html