Die bunten Bänder an der Richtkrone flattern über dem Dach im Wind. Eine Grube ist ausgehoben, Spaten stehen bereit, gleich daneben liegen Nägel, Hammer und Zimmermannshut. Da, wo in Bernau bei Berlin die Sonnenallee und der Venusbogen aufeinanderstoßen, feiert die Vastbau GmbH am Mittwochnachmittag Richtfest und Grundsteinlegung zugleich: Richtfest für die ersten zwei Mehrfamilienhäuser, die hier seit März errichtet werden, und Grundsteinlegung für die nächsten drei Häuser, die Ende 2026 fertig werden sollen.
117 Wohnungen entstehen hier, mit Aufzügen, einer Tiefgarage mit 58 Stellplätzen – alle barrierefrei und alle mietpreisgebunden. Das sei »fast ein Alleinstellungsmerkmal« für Bernau, dass sich hier die Baukräne weiter drehen, während der Sozialwohnungsbau anderswo[1] in der Bundesrepublik einschlafe, sagt Bürgermeister André Stahl (Linke). Was ihn freut: Dass für Vastbau damit nicht Schluss ist in Bernau. Geplant sei ein weiteres Projekt mit noch einmal 100 Wohnungen in der Nähe der Arbeitsagentur. »Bleiben Sie liquide«, wünscht der Kommunalpolitiker dem Bauunternehmen. Es soll auch diese zweite Investition finanzieren können.
Allein das Projekt am Venusbogen erfordert 38,7 Millionen Euro. Stolze 30 Millionen Euro gibt es dabei als Fördermittel, bewilligt von der Investitionsbank des Landes Brandenburg. Infrastrukturminister Detlef Tabbert (BSW) ist zwar nicht beim Richtfest dabei, spricht aber in einer Erklärung zu diesem Bauprojekt von der »Wohnungsknappheit im Berliner Umland« und von »deutlich wahrnehmbaren Engpässen«. Hier gelte es, durch soziale Wohnraumförderung und Wohnungsbau gegenzusteuern. Die am Venusbogen entstehenden Quartiere leisten nach Einschätzung des Ministers einen »enormen Beitrag zur Entlastung« in einer äußerst angespannten Situation.
In den weiter wachsenden Städten und Gemeinden rund um Berlin wird es immer schwerer, eine Wohnung zu finden[2]. Inzwischen wird das auch in Städten weiter als 30 Kilometer weg von der Hauptstadt kompliziert, wenn diese Kommunen nur über eine passable Bahnverbindung nach Berlin verfügen, die das Pendeln ermöglicht.
Ursprünglich wollte die Vastbau in Bernau auf den eigens von ihr angekauften Grundstücken weniger Wohnungen bauen und dafür größere. Doch nach Abfrage des Bedarfs bei der Stadt, die auf den Mangel an bezahlbaren Quartieren hinwies, entschied sich die GmbH, ihre Absichten zu ändern. Nun entstehen in den viergeschossigen Gebäuden Wohnungen, die 49 bis 106 Quadratmeter groß sind. Für jeden sei etwas dabei, sogar für Familien mit drei oder vier Kindern, versichert Prokurist Dirk Hollekamp. Viele wüssten bloß gar nicht, dass sie mit ihrem Haushaltseinkommen in Brandenburg Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein haben, mit dem sie eine Sozialwohnung beziehen dürfen. »Wir sind stolz, mit dem Bauvorhaben unseren Teil beitragen zu können, Wohnungen in Brandenburg sozialverträglich zu gestalten«, sagt Hollekamp. Die Vastbau GmbH beschäftigt 440 Mitarbeiter und erwirtschaftet nach eigenen Angaben einen Jahresumsatz von rund 250 Millionen Euro. Sie gehört zum niederländischen Vastbouw-Konzern, der auch Standorte in Polen, Tschechien und Ungarn hat.
Bernau zählte vor 35 Jahren 19 000 Einwohner. Heute sind es 45 000. Damit stieg die Stadt zur siebtgrößten Kommune[3] in Brandenburg auf.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193946.wohnungsbau-grundsteinlegung-und-richtfest-zugleich.html