nd-aktuell.de / 11.09.2025 / Politik

Misstrauensantrag: Linke will von der Leyen stürzen

The Left im Europaparlament will Misstrauensantrag gegen EU-Kommissionschefin einbringen

Uwe Sattler, Straßburg
Ursula von der Leyen
Ursula von der Leyen

Die Linksfraktion im Europaparlament hat einen Misstrauensantrag gegen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angeschoben. Wie The Left mitteilte, waren die dafür nötigen Unterschriften von Abgeordneten bereits am Mittwoch zusammengekommen. An diesem Tage hatte von der Leyen auch ihre jährliche Rede zur Lage der EU vor dem Europäischen Parlament in Straßburg gehalten.

Für einen Abwahlantrag ist die Unterstützung von mindestens 72 Abgeordneten (zehn Prozent der 720 Parlamentsmitglieder) nötig. The Left verfügt über insgesamt 46 Mandate. Wie verlautete, unterstützen auch Mitglieder der Grünen-Fraktion, der Sozialdemokraten und Fraktionslose den Antrag. Der BSW-Abgeordnete Fabio De Masi hatte erklärt, dass er und weitere seiner Parteikollegen, die keiner Fraktion angehören, das Vorhaben ebenfalls unterstützen – auch wenn sie nicht gefragt worden seien.

Bereits im Juni hatte es im EU-Parlament einen Misstrauensantrag gegen von der Leyen gegeben[1]. Eingebracht hatten diesen Abgeordnete aus den extrem rechten Fraktionen der »EU-Voksvertretung«. Sie hatten der Kommissionspräsidentin Missmanagement und undurchsichtige Medikamentengeschäfte in der Coronakrise vorgeworfen. Bis heute weigert sich von der Leyen, insbesondere ihre Absprachen mit dem US-Pharmakonzern Pfizer[2] weitgehend öffentlich zu machen. Der Antrag war im Parlament gescheitert, vor allem, weil die große Mehrheit der Abgeordneten nicht mit den Rechtsextremen stimmen wollte.

Intransparenz wirft auch die Linksfraktion der Kommissionspräsidentin vor. Ihr geht es allerdings um weit mehr. »Frau von der Leyens Politik steht für soziale Kälte und wirtschaftliches Scheitern. Während Millionen um ihre Jobs und ihre Rente bangen, treibt sie Freihandel, Aufrüstung und Sozialabbau voran«, hatte Schirdewan gegenüber »nd« erklärt.

Entsprechend heißt es in dem »nd« vorliegenden Antrag, die Kommission habe »ohne Mandat ein Abkommen zwischen der EU und den USA akzeptiert« – gemeint ist der Zoll-Deal – »das den europäischen Interessen schadet«. Auch der praktische Ausschluss der nationalen Parlamente beim Ratifizierungsprozess zum Freihandelsabkommen zwischen EU und den Mercosur-Staaten wird scharf kritisiert. Zudem verurteilt The Left die praktische Inaktivität der EU gegenüber Israels Völkerrechtsbrüchen im Nahen Osten[3]. Die EU habe es »versäumt, das Abkommen zwischen der EU und Israel auszusetzen oder Sanktionen zu verhängen, anders als bei den Maßnahmen gegen Russland«, heißt es in dem Antrag. Auch zeige die Kommission »Unfähigkeit und mangelnden Willen, die sich verschärfende soziale und klimatische Krise, insbesondere die negativen Auswirkungen auf soziale Rechte und die Wohnungskrise in ganz Europa, zu bewältigen.«

Auch die rechtsextremen Patrioten für Europa bereiten laut verschiedenen Berichten einen Misstrauensantrag gegen von der Leyen vor. Die Fraktion hält vor allem die Wirtschaftspolitik der EU-Kommission für verfehlt. Wie es in Straßburg hieß, hätten die Ultrarechten das Quorum für einen entsprechenden Antrag ebenfalls bereits am Mittwoch erreicht.

Im Oktober könnte sich das EU-Parlament mit dem Antrag beschäftigen. Sollte es sein Misstrauen gegenüber von der Leyen aussprechen, müsste die gesamte Europäische Kommission zurücktreten. Notwendig dafür wären die Stimmen von zwei Dritteln der Abgeordneten. Dass dies erreicht wird, ist allerdings unwahrscheinlich – die sogenannte Ursula-Koalition reicht von den Konservativen bis in die Grünen-Fraktion. Bislang war keiner der insgesamt sieben Misstrauensanträge gegen Kommissionsspitzen in der EU-Geschichte erfolgreich.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192364.eu-parlament-misstrauen-gegenueber-von-der-leyen.html?sstr=von|der|Leyen
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1191223.sms-mit-pfizer-chef-gerichtshof-niederlage-fuer-ursula-von-der-leyen.html?sstr=Leyen
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1191738.israel-und-palaestina-die-eu-muss-handeln.html?sstr=Leyen