Die Gaza Humanitarian Foundation (GHF) steht bereits wegen ihrer mörderischen Hilfsverteilung unter Kritik[1]. Nun kommt ein weiterer Skandal hinzu: Die für die Sicherheit an den Verteilstellen zuständige US-Firma UG Solutions beschäftigt laut einer am Mittwoch veröffentlichten BBC-Recherche[2] Mitglieder eines anti-islamischen Motorradclubs. Die Reporter*innen nennen dazu Namen von zehn Mitgliedern des Infidels Motorcycle Club, die in Gaza arbeiten – sieben davon in Führungspositionen.
Der Infidels MC wurde dem britischen Bericht zufolge 2006 von US-Militärveteranen des Irak-Krieges gegründet. Die Mitglieder verstehen sich als moderne Kreuzritter und verwenden das Christen-Kreuz oder »1095« als tätowiertes Symbol – das Jahr, in dem Papst Urban II. den ersten Kreuzzug ausrief und Muslime als »widerliche Rasse« bezeichnete.
Antimuslimische Postings veröffentlicht der Club auch auf seiner Facebook-Seite. Dort finden sich Kommentare wie »Lade mein Magazin bis zum Maximum. Wäre nicht das erste Mal, dass wir Probleme mit Muslimen haben« oder »Deportiert diese erbärmlichen Schlampen in ein erbärmliches Dritte-Welt-Drecksloch«. Ähnlich wie Rechtsextreme in Deutschland hielten die Männer auch ein »Schweinefleisch-Grillfest« als Protest gegen den islamischen Fastenmonat Ramadan ab. Ein veröffentlichter Flyer zeigt eine Frau mit Burka, die vom Hals abwärts zerrissen wurde und ihre Brust freilegt.
Angeführt wird die Gang von Johnny »Taz« Mulford, einem ehemaligen US-Army-Sergeant, der schon wegen Verschwörung zu Bestechung, Diebstahl und falscher Aussagen vor Militärbehörden bestraft wurde. Er soll nun als »Länder-Teamleiter« für UG Solutions’ Gaza-Vertrag verantwortlich sein. Weitere führende Gangmitglieder mit Spitzenpositionen bei der GHF-Operation sind der Vizepräsident als Logistikchef, der nationale Schatzmeister als Sicherheitsteamleiter und ein Gründungsmitglied als Teamleiter.
Laut der BBC-Recherche hat Mulford seine Gang-Kollegen gezielt rekrutiert. In sozialen Medien soll er im Mai US-Militärveteranen gesucht haben, die »schießen, sich bewegen und kommunizieren« können. Von etwa 320 durch die GHF für Gaza angeworbenen Mitarbeitern sollen mindestens 40 aus den Reihen des Infidels MC stammen. Die Sicherheitsfirma zahlt ihnen 980 Dollar pro Tag, Teamleiter erhalten bis zu 1580 Dollar täglich.
»Die Infidels-Biker-Gang mit der Verteilung humanitärer Hilfe in Gaza zu beauftragen, ist, als würde man den Ku-Klux-Klan mit der Verteilung humanitärer Hilfe im Sudan beauftragen«, sagte der Vize-Direktor des Council on American-Islamic Relations (CAIR), einer führenden muslimischen Bürgerrechtsorganisation in den USA zur BBC. »Es wird zwangsläufig zu Gewalt führen, und genau das haben wir in Gaza gesehen.«
An den GHF-Verteilungsstellen wurden laut UN-Angaben bis zum 2. September 1135 Kinder, Frauen und Männer auf der verzweifelten Suche nach Nahrung getötet. Die meisten Tötungen sollen von israelischen Sicherheitskräften verübt worden sein[3].
Die BBC hat UG Solutions vor der Veröffentlichung der Recherche konfrontiert. Die Firma erklärte, man prüfe nicht »persönliche Hobbys oder Zugehörigkeiten, die nichts mit der Arbeitsleistung zu tun haben«. Jedes Teammitglied durchlaufe umfassende Hintergrundprüfungen. Die Gaza Humanitarian Foundation betonte gegenüber dem Sender ihre »Null-Toleranz-Politik für jegliche hasserfüllten, diskriminierenden Vorurteile oder Verhaltensweisen«.
Auch der Infidels MC wurde per E-Mail um Stellungnahme gebeten. Als Antwort wies Mulford andere Anführer des Clubs an, nicht zu reagieren – aber schloss versehentlich die BBC ein, als er auf »allen antworten« klickte. Damit gab er weitere Adressen und Namen von Infidels-MC-Mitgliedern preis. So konnte recherchiert werden, dass auch einige von diesen Männern in Gaza arbeiteten.