nd-aktuell.de / 14.09.2025 / Wirtschaft und Umwelt

IAA-Protest mit antimilitaristischen Akzenten

Demo gegen Automesse in München: für Transformation – aber nicht zur Kriegswirtschaft

Claudia Wangerin, München
Neben klimapolitischen Slogans gab es auf der Demo der IAA-Kritiker zum Abschluss der Messe auch solche, die sich gegen die Konversion von Autoherstellern zu Rüstungskonzernen wandten
Neben klimapolitischen Slogans gab es auf der Demo der IAA-Kritiker zum Abschluss der Messe auch solche, die sich gegen die Konversion von Autoherstellern zu Rüstungskonzernen wandten

Was Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) als »Kulturkampf gegen das Auto« schmäht, dreht sich um knallharte materielle Realitäten. Das wurde vom Lautsprecherwagen aus immer wieder betont, als rund 1500 Menschen am Samstag durch die Münchner Innenstadt zogen, um gegen die Automesse IAA Mobility[1] und ihre »Open Spaces« zu demonstrieren.

»Wir steuern auf eine 2,6 Grad heißere Welt zu – und auch das nur, wenn alle Regierungen ihre Zusagen über die Klimaziele[2] einhalten, was aktuell nicht der Fall ist«, so die mehrfache Durchsage von Demo-Moderatorin Laura Meschede[3]. Die zweitwichtigste Botschaft: »Wir sind nicht hier, um gegen Autofahrer*innen zu protestieren[4].« Auch sie seien eingeladen, sich anzuschließen, um für bessere, pünktliche und bezahlbare öffentliche Verkehrsmittel zu kämpfen. Niemand werfe ihnen vor, nicht drei Stunden auf die Bahn warten zu wollen.

Der Protest richte sich gegen Konzerne, »die unsere Lebensgrundlagen verfeuern« – und gegen eine Politik der »Subventionen, Abwrackprämien und Steuererleichterungen für klimaschädliche Konzerne«. Kurz vor dem Auftakt der Messe hatten CSU-Politiker gefordert, dass EU-Verbrenner-Verbot ab 2035 zu kippen.

Es seien vor allem rechte Politiker, die versuchten, Menschen, die im Alltag vom Auto abhängig sind, gegen die Klimabewegung auszuspielen, hieß es auf der Demonstration, die der Münchner Linke-Stadtrat Thomas Lechner angemeldet hatte. Parteifahnen waren allerdings kaum zu sehen – neben vielen selbstgemalten Schildern, Bannern kleinerer Gruppen und einem Transparent der Linkspartei tauchten vereinzelt Fahnen der Grünen Jugend auf – deren Mutterpartei hielt sich allerdings bedeckt. Die antimilitaristischen Akzente des Protests lagen auch nicht auf ihrer Linie. »Klimaschutz ist Enkelschutz« hieß es auf einem Transparent der »Omas gegen Rechts«.

»Aufrüstung bedeutet Kriegsvorbereitung. Und Kriege gehen immer auf Kosten der Leben der arbeitenden Klassen.«

Christiaan Boissevain Gewerkschafter, IG Metall

»Das Auto darf nicht am Rande laufen, es muss in den Mittelpunkt der Politik kommen«, hatte Söder als Gastgeber der IAA in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« erklärt. Nach Meinung der Klima- und Verkehrswende-Bewegung steht es schon zu lange im Mittelpunkt – eine reine Antriebswende zum Elektroauto reiche nicht, um Emissionen nachhaltig zu senken und Ressourcen zu schonen. Mobilitätswende-Camp nannte sich daher das Zeltlager der Protestgruppen im Münchner Luitpoldpark.

Hier war am Samstagmittag auch eine »Radldemo« des VCD München und des Bundes für Umwelt und Naturschutz gestartet, die zum Auftakt der »Laufdemo« auf dem Karolinenplatz ankam. Die Wirtschaft müsse demokratisch organisiert werden, um den ökologischen Umbau ohne soziale Verwerfungen zu schaffen, betonte dort ein Redner des Antikapitalistischen Klimatreffens München, das der Verfassungsschutz als »linksextremistisch« einschätzt.

»Seit Jahren wird die Forderung nach einem Umbau der Autoindustrie hin zur verstärkten Produktion von Verkehrsmitteln für den ÖPNV – Züge, Straßenbahnen, Elektrobusse – mit dem Märchen gekontert, ein solcher Umbau sei zu umständlich, zu teuer und technisch einfach nicht möglich«, sagte der langjährige IG-Metall-Gewerkschafter Christiaan Boissevain auf dem Karolinenplatz. Nach dem Wegfall von 50 000 Jobs in den vergangenen 1,5 Jahren gebe es nun aber »angeblich einen Lichtblick«: die Rüstungsindustrie. »Der größte Deutsche Rüstungskonzern, Rheinmetall, hat sich gezielt am VW-Standort Salzgitter, bei Conti in Gifhorn, Ford in Saarlouis und bei der VW-Tochter MAN nach Kapazitäten für die Produktion von Panzern, Raketen, Gewehren umgeschaut und will dort nach Möglichkeit Hallen, Maschinen, und Personal einkaufen. Da ist nichts zu teuer. Deutschland soll ja – wieder einmal – kriegstüchtig werden.«

Der VCD München und der BUND hatten am Samstag eine »Radldemo« initiiert, deren Ziel die Auftaktkundgebung der »Laufdemo« war.
Der VCD München und der BUND hatten am Samstag eine »Radldemo« initiiert, deren Ziel die Auftaktkundgebung der »Laufdemo« war.

Es sei eine Illusion, dass dies ohne massiven Sozialabbau möglich sei, sagte Boissevain, der mittlerweile in Rente ist und der bundesweiten Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG) angehört. »Aufrüstung bedeutet Kriegsvorbereitung«, warnte er. »Kriege gehen immer auf Kosten der Leben der arbeitenden Klassen!« Die Gewerkschaften müssten aufhören, die Rüstungsindustrie als Alternative zu wegfallenden Arbeitsplätzen in der Autoindustrie zu propagieren. Notfalls seien politische Streiks gegen die »Aufrüstungsmilliarden« angemessen.

Andere versuchen es mit kleineren Aktionen des zivilen Ungehorsams: »IAA = Klimahölle«, »Gutes Leben für Alle« und »Gutes Leben für alle = Mobilitätswende« stand auf einem Banner, das die Gruppe »Widerstandskollektiv« am Donnerstagmorgen von einer Schilderbrücke über der Autobahn A9 auf Höhe der Allianz-Arena ausgerollt hatte. Zeitgleich hatten sich sechs Personen auf die Fahrbahn gesetzt und teils festgeklebt.

Die Blockade hatte fast drei Stunden gedauert, als die Polizei um 10.35 Uhr die Straße wieder freigab. Sie zählte neun Beteiligte im Alter von 23 bis 67 Jahren. »Die angeklebten Personen wurden mit Unterstützung spezialisierter Kräfte von der Fahrbahn gelöst«, hieß es im Polizeibericht. Ein Aktivist sollte noch am Wochenende dem Haftrichter vorgeführt werden.

Am Freitagabend wurde dennoch die Leopoldstraße in der Münchner Innenstadt in ähnlicher Form blockiert. Insgesamt hatte die Polizei während der Messe vom 9. bis zum 14. September rund 8000 Beamte in München eingesetzt.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193905.internationale-automobil-ausstellung-chinas-autos-fuer-den-globalen-sueden.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1191285.pruefbericht-klimaziel-zehren-vom-emissionspuffer.html
  3. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1188878.seenotretter-luftaufklaerung-n-ein-wichtiger-teil-der-seenotrettung-unter-druck.html
  4. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1193938.klimaproteste-autosaurus-versenkt.html