nd-aktuell.de / 14.09.2025 / Berlin

Hochschul-Kürzungen in Berlin: Studierende stellen sich quer

Berliner Studierende wollen neue Hochschulverträge verhindern

Marten Brehmer
Studierende protestieren gegen die geplanten Kürzungen an Berliner Unis.
Studierende protestieren gegen die geplanten Kürzungen an Berliner Unis.

Ergeben sich die Unis den Kürzungsforderungen des Senats? So schien es zumindest in den vergangenen Wochen. Die Präsidien aller großen Berliner Hochschulen haben inzwischen den Universitätsgremien die Annahme der neu ausgehandelten Hochschulverträge empfohlen. Selbst die Leitung der Technischen Universität, die sich lange Zeit den Klageweg offenhalten wollte, ist inzwischen eingeschwenkt. Die neue Fassung der Hochschulverträge sieht deutlich niedrigere Zuschüsse für Berlins staatliche Hochschulen vor als die Ursprungsversion[1]. Eine Unterschrift unter dem Vertragswerk würde das zementieren.

Noch regt sich aber Widerstand in den Hörsälen: Studierende wollen die Entscheidung noch verhindern. »Die Hochschulen sollten sich gerichtlich dafür einsetzen, dass die alten Verträge eingehalten werden«, sagt Ali Mehrens, Studierendenvertreter im Akademischen Senat der Humboldt-Universität. Die Möglichkeit einer Klage sei eine »strategische Chance«, die genutzt werden müsse.

Die Hochschulen dürften nicht vor den Forderungen des Senats einknicken, fordert Mehrens. »Die Kürzungen bedeuten einen Strukturverlust von nicht abschätzbarem Ausmaß«, sagt er. Tatsächlich bedeuten die neue Verträge herbe Einschnitte für die Unis. Etwa 14 Prozent der Studienplätze müssten mittelfristig abgebaut werden, erklärte Wissenschaftsstaatssekretär Henry Marx (SPD) im Juli. Auch bei Professoren, wissenschaftlichen Mitarbeitern und in der Verwaltung dürfte es zu einschneidenden Kürzungen kommen.

Die Hochschulverträge regeln die Finanzierung der Universitäten. In ihnen ist festgehalten, in welcher Höhe der Senat die Hochschulen finanziert – und welche Leistungen die Unis dafür erbringen müssen. Sie werden für eine Dauer von vier Jahren abgeschlossen. Da es sich bei den aktuellen Beschlüssen um Nachverhandlungen der seit 2024 geltenden Hochschulverträge handelt, gilt das Vertragswerk also bis 2028. Die Hochschulverträge sollen den Universitäten Planungssicherheit über laufende Legislaturen hinaus bieten und ermöglichen dem Senat zugleich, trotz der grundgesetzlich festgeschriebenen Hochschulautonomie Einfluss auf das Lehr- und Forschungsprogramm der Wissenschaftseinrichtungen zu nehmen.

»Die Kürzungen bedeuten einen Strukturverlust von nicht abschätzbarem Ausmaß«

Ali Mehrens Studierendenvertreter im Akademischen Senat der HU

Für Mehrens ist schon die Entstehung der neuen Verträge problematisch: Der Senat habe seine Zusagen nicht eingehalten. Stattdessen habe er sich faktisch einseitig aus den Verträgen zurückgezogen, als Berlin in eine Haushaltskrise schlitterte. »Als die Hochschulverträge 2024 abgeschlossen wurden, war bereits absehbar, dass sich die Landesfinanzen verschlechtern würden«, sagt Mehrens. Trotzdem sei den Unis ein jährlicher Mittelaufwuchs von fünf Prozent zugesagt worden.

»Das Land ist weiter vertraglich gebunden«, sagt Mehrens. Dass der Senat seine Verpflichtungen nicht mehr erfüllt habe, sei ein rechtswidriger Vertragsbruch. Daher räumt er einer Klage gute Chancen ein[2]. Sollte ein Gericht anerkennen, dass die ursprünglichen Verträge weiterhin gelten, müsste der Senat die Zuschüsse in voller Höhe zahlen. Die Studierenden wollen nun bei der Sitzung des Akademischen Senats der Humboldt-Universität am Dienstag einen Antrag einbringen, der die Hochschulleitung zu einer solchen Klage anhalten soll.

»Bei vielen ist angekommen, dass die Kürzungen fatal sind«, sagt Eske Woldmer, Vertreter des Referent*innenrats, der Studierendenvertretung an der HU. »Wenn ich mit Freunden rede, sind alle der Meinung, dass man irgendwie dagegen vorgehen muss«, sagt er. Aktuell versuchten Gruppen bereits, Protestaktionen zu organisieren. Doch vielen Studierenden fehle es an Wissen um die hochschulpolitischen Zusammenhänge.

Hinzu komme, dass bislang zwar Globalsummen bekannt sind, die eingespart werden müssen, aber kaum Details. »Für viele ist es schwer einzuschätzen, was das konkret bedeutet«, so Woldmer. Doch gerade deshalb glaubt er, dass der Widerstand gegen die Sparpläne noch an Fahrt gewinnen wird. »Der Protest wird lauter werden, wenn die Leute mitbekommen, was ihnen genommen werden soll«, sagt er.

Links:

  1. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192849.hochschulvertraege-unis-in-berlin-sparhammer-mit-federung.html
  2. https://www.nd-aktuell.de/artikel/1192537.kuerzungen-gutachten-bruch-der-berliner-hochschulvertraege-unrechtmaessig.html