Am Mittwoch legen Frauenhaus-Mitarbeiter*innen und weitere Mitarbeiter*innen aus dem Gewaltschutz die Arbeit nieder, um einer getöteten Frau zu gedenken. Die 52-Jährige war am 3. September in Wilmersdorf tot aufgefunden worden, die Polizei geht von einem Verbrechen aus. Laut der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen (Big) ist ihr Ex-Partner als Tatverdächtiger festgenommen worden. Sollte sich der Tatverdacht bestätigen, sei von einem Femizid[1] auszugehen – also einem Mord an einer Frau aufgrund ihres Geschlechts.
Die Mitarbeiter*innen der Berliner Anti-Gewalt-Projekte, die die Gedenkveranstaltung am Mittwoch um zwölf Uhr vor dem Rathaus Charlottenburg organisieren, kritisieren schlechte Arbeitsbedingungen und mangelnde Mittel im Gewaltschutzbereich[2]. »Es gibt viel zu wenige Stellen, um den hohen Bedarf an Unterstützung zu decken; die Sorge um die vielen Frauen, die keinen Schutzplatz finden, ist nicht mehr zumutbar«, sagt eine der Organisator*innen in einer Pressemitteilung.
Schon seit Jahren machten Mitarbeiter*innen auf die fehlenden Stellen und Schutzplätze aufmerksam, heißt es in der Mitteilung weiter. Dennoch seien im vergangenen Jahr 29 Frauen von ihren Partnern oder Ex-Partnern getötet worden. »So lange sich politisch nichts ändert, solange Männer nicht wirksam daran gehindert werden, ihre (Ex-)Partnerinnen zu töten, so lange werden wir unseren Alltag unterbrechen, um dieser Frauen zu gedenken«, teilt die Gewaltschutz-Mitarbeiterin mit.
Die Mitarbeiter*innen fordern, dass die Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen vor Gewalt – seit 2018 geltendes Recht in Deutschland – in Berlin umgesetzt wird. Dazu gehört etwa, weitere Frauenhausplätze zu schaffen[3]. Laut Big fehlen aktuell noch 486 Schutzplätze für gewaltbetroffene Frauen. »Es ist das Mindeste, dass von Gewalt betroffene Frauen niedrigschwellig Schutz erhalten, und nicht einmal das funktioniert«, sagt Nua Ursprung von Big zu »nd«. Vor allem bräuchte es aber viel mehr Präventionsarbeit, sagt Ursprung. »Und da wird aktuell massiv gekürzt[4].«
Im Rahmen des Gedenkens an die in Wilmersdorf getötete Frau sollen am Mittwoch vor dem Rathaus Charlottenburg rote Schuhe aufgestellt werden. »Die Aktion ›Rote Schuhe‹ der Anti-Gewalt-Projekte Berlin kommt bei einem jeden Femizid zusammen, um gemeinsam der getöteten Frauen zu gedenken, ein Zeichen gegen patriarchale Gewalt zu setzen und ihren politischen Forderungen Ausdruck zu verleihen«, heißt es in der Pressemitteilung.
»Es ist das Mindeste, dass von Gewalt betroffene Frauen niedrigschwellig Schutz erhalten, und nicht einmal das funktioniert.«
Nua Ursprung Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen
Ein solches Zusammenkommen könnte sich schon in der kommenden Woche wiederholen, sagt Ursprung. Denn am vergangenen Freitag wurde die Leiche einer Frau auf einem Spielplatz im Humboldthain in Gesundbrunnen gefunden. Die Leiche soll verbrannt worden sein. Die Berliner Polizei teilte mit, dass die Identität der Frau noch nicht festgestellt und noch nicht ermittelt werden konnte, ob von einem Fremdverschulden auszugehen sei.
Das Stadtteilkomitee Wedding berichtete auf seinem Instagram-Kanal, dass eine Gedenkaktion am Humboldthain am Sonntag stattgefunden habe. »Offiziell wurde ein Fremdverschulden noch nicht bestätigt, aber wir gehen von einem Femizid aus«, heißt es in einer Instagram-Story.